The Kite Runner

Kein Zweifel – das ist der Stoff, aus dem Erfolgsromane gemacht sind. Die glückliche Kindheit, zuerst durch persönliche, dann politische Tragik überschattet, der übermächtige, allseits bewunderte Vater. Und viel Exotik für uns, damit wir erstaunt, betroffen, manchmal auch lächelnd den Kopf schüt ...

Kein Zweifel – das ist der Stoff, aus dem Erfolgsromane gemacht sind. Die glückliche Kindheit, zuerst durch persönliche, dann politische Tragik überschattet, der übermächtige, allseits bewunderte Vater. Und viel Exotik für uns, damit wir erstaunt, betroffen, manchmal auch lächelnd den Kopf schütteln und uns denken können: Ach, wie gut ist es doch im trauten Heim(atland).

Das klingt alles ein bisschen abwertend – und ist auch so gemeint, denn es etabliert sich die Sensationslust-Literatur zwischen zwei Buchdeckeln, für jene Leser/innen, die mehr wollen als das Hochglanzmagazin oder die BBC-Sendung, die dann auch ARTE ausstrahlt.

Gleichzeitig muss ich aber auch zugeben: es ist ein spannendes Buch, es bewegt tatsächlich, es macht einen neugierig(er) auf das Land, in dem alles beginnt: Afghanistan. Der zwölfjährige Amir verbringt in den 70er-Jahren eine glückliche Kindheit; sein Vater ist äußerst wohlhabend, und Amir und sein ihm stets loyal ergebener Spielgefährte Hassan (ein Hazara, und daher doch eher sein Diener) verbringen glückliche Tage, nicht zuletzt bei den Drachen-Festen, bei denen es darum geht, seinen Flugdrachen am längsten in der Luft zu halten und dann zur Absturzstelle zu laufen und ihn sich gegen die anderen Läufer zu holen.

All das geht gut, bis Hassan von anderen Jungen sehr übel mitgespielt wird und Amir aus Feigheit nicht hilft. Er geht Hassan aus dem weg und schafft es schließlich, dass Hassan und dessen Vater wegziehen. Der Einmarsch der Sowjetsoldaten ändert alles, letztendlich treten Amir und sein Vater die Flucht an und landen schließlich in den USA, wo sie sich eher kümmerlich durchschlagen, sich aber in der afghanischen Kommune gut aufgehoben fühlen. Amir ist mittlerweile ein erfolgreicher Schriftsteller; da erreicht ihn der Ruf nach Pakistan. Von dort soll er nochmals nach Afghanistan, das nun unter der Schreckensherrschaft der Taliban steht, denn Hassans Sohn ist in Bedrängnis…

Ich will vom Schlussteil nicht mehr verraten, um nicht die Spannung zu nehmen; so viel sei aber gesagt: Hosseini trägt dick auf, kleckert nicht, sondern klotzt. Was da noch an Zufällen und Wendungen auf uns wartet, geht fast ein wenig zu weit.

Wie auch immer: "The Kite Runner" ist so etwas wie ein Ethno-Bestseller geworden, und es gibt viele gute Gründe dafür. Aber wie schon "The Bookseller of Kabul" gezeigt hat – man muss sich diesen Büchern mit Vorsicht (und nicht mit der alten Karl-May-Haltung) nähern und darf nicht annehmen, damit auch schon das Wesen eines Landes erfasst zu haben.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
02.06.2006
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/gegenwartsliteratur/detail/the-kite-runner.html
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