The History of Love

Vielleicht hat mich das Buch ganz einfach am falschen Fuß erwischt – aber nach Foer und nach all dem Vergangeheitsgeraune und dem Aufarbeiten und der Tradition und dem Beseitigen von Verschüttungen und dergleichen hatte ich mir wahrscheinlich etwas anders erwartet – als eben dieses. Verleitet ha ...

Vielleicht hat mich das Buch ganz einfach am falschen Fuß erwischt – aber nach Foer und nach all dem Vergangeheitsgeraune und dem Aufarbeiten und der Tradition und dem Beseitigen von Verschüttungen und dergleichen hatte ich mir wahrscheinlich etwas anders erwartet – als eben dieses. Verleitet hat mich ja eigentlich der wunderschöne Titel – der auch gleichzeitig der Titel eines verschollen geglaubten Buches in diesem Roman ist. Die Autorin, die sich einen Autor vorstellt (wir denken an Nabokov!), das ist ja eine verlockende Grundsituation, und die Geschichte des Buches "The History of Love" ist durchaus mitreißend – wenn sie nicht so willentlich vertrackt wäre und Krauss nicht versuchen würde erzähltechnisch raffinierter, verknüpfungsmäßig klüger zu sein, als es wahrscheinlich notwendig ist.

Für sich genommen sind die Charaktere – der alte Autor Leo Gursky, der sein Buch auf Polnisch geschrieben und einem Freund gegeben hat, der es als sein eigenes ausgibt, sodass es letztendlich in Chile auf Spanisch erscheint, und die vierzehnjährige Alma, benannt nach der Alma im Buch, deren Mutter das Buch gerade übersetzt – schrullige, liebenswerte, lebendige Charaktere. Aber Krauss nimmt einem ein bisschen das Vergnügen ihnen zu folgen, weil sie eben – wie gesagt – raffinierter und kauziger sein will, als es 250 Seiten vertragen. Natürlich gibt es viele Stellen, die einen für die Mühe entschädigen: Almas erster Kuss; die Pedanterie der alten Männer; die Passagen aus dem Buch im Buch; die Traurigkeit der Liebe überhaupt; die Versuche Almas ihrer Mutter einen Mann zu finden und sich mit ihrem kleinen Bruder Bird zurechtzufinden. Trotzdem fehlt dem Roman das, was er wohl gerne hätte: das Magische, das uns in seinen Bann zieht, weil es voll von Grüßen aus anderen Welten ist. Krauss zeigt uns hoffentlich in ihrem nächsten Buch mehr von ihrem Talent – immerhin ist dies erst ihr zweiter Roman – wenn sie sich vom Hang zur zwanghaften Originalität ein bisschen frei geschrieben hat. Es zahlt sich durchaus aus, ihr Schaffen weiterhin im Auge zu behalten.

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Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.05.2006
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