The Finkler Question

Jetzt kann ich natürlich zerknirscht sein, weil ich den heurigen Bookerpreisträger nicht bejuble; ja doch, ich habe schon gemerkt, dass hier ein Wortgewaltiger die Feder führt (und habe ja auch schon zwei ücher von Jacobson gelesen und gemocht); ja doch, ich habe schon gemerkt, dass ich ...

Jetzt kann ich natürlich zerknirscht sein, weil ich den heurigen Bookerpreisträger nicht bejuble; ja doch, ich habe schon gemerkt, dass hier ein Wortgewaltiger die Feder führt (und habe ja auch schon zwei ücher von Jacobson gelesen und gemocht); ja doch, ich habe schon gemerkt, dass ich mich nicht nur um die Frage des Jüdisch-Seins kümmern muss, sondern dass dies eine Metapher für alle möglichen Seins-Zustände sein kann. Etc. etc. etc.

Und doch ließ das Buch in mir gepflegte Langeweile zurück; muss denn der Booker immer so gruppenbewusst sein? Im Vorjahr war es ein HistorikerInnenfest, heuer ist es das reine Vergnügen für jene, die sich eben mit diesem Jüdischsein auseinandersetzen wollen. Wem da Woody Allen nicht reicht, der greift eben zur anspruchsvolleren Kost. (Im Übrigen: Rabinovici reicht mir und hat mich auch wesentlich mehr unterhalten.)

Kurzum – ich war nicht hingerissen, sondern habe den Roman pflichtschuldigst gelesen; mehr nicht.

Ich habe mich also ins Leben des einstigen BBC-Journalisten (und Frauenhelden of sorts) Julian Treslove entführen lassen, der davon besessen ist, herauszufinden, was es heißt‚ jüdisch‘ zu sein. Ich habe mich ins Leben seines besten FreundFeindes Finkler entführen lassen, der Jude ist, aber der Organisation ASHamed, einer Gruppe von Israel-Hassern, beitritt (schön die Theaterszene!). Finkler als der Jude, daher: The Finkler Question = The Jewish Question. Dann gibt es noch den neunzigjährigen Libor und seine schöne (verstorbene) Frau, Lehrerin von Treslove und Finkler. Und schließlich Finklers (ebenfalls verstorbene) Frau Tyler, die so jüdisch wirkt und es am Ende doch nicht ist.

Ja, das alles ist durchaus geistreich und wohl in Worte gesetzt, aber wir gesagt: Es hat mich nicht bewegt und berührt, nicht neugierig und nachdenklich gemacht; daher müssen Sie mit dieser kurzen Besprechung vorliebnehmen und für die Eklogen die englischen ‚qualities‘ duchblättern. (Was mich trotzdem beruhigt, ist, dass ich eine signierte Ausgabe habe.)

London: Bloomsbury 2010; pp. 307

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Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.11.2010
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/gegenwartsliteratur/detail/the-finkler-question.html
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