Rowlings erster Erwachsenen-Roman spielt in der idyllischen West Coast-Stadt Pagford, aber – wie gesagt – der Schein trügt. Als der Pfarrgemeinderat Barry Fairbrother an einem Aneurismus plötzlich stirbt, hinterlässt er nicht nur eine trauernde Witwe, sondern eine Kleinstadt, in der Intrigen und persönliche Krisen ineinander verschmelzen.  Barry hatte sich dafür eingesetzt, sich um die Barackengegend (The Fields) zu kümmern, aber nun können die ehrbaren Pagforder das Projekt neu überdenken und weiterhin eine ‚splendid isolation‘ anstreben. Die Erwachsenen können sich also mit sexueller Frustration, Kabalen, Gewalt in der Familie und Rassismus austoben, das alles hinter Blumentöpfen, gedeckten Tischen und Gardinen. Die Jugendlichen tragen kräftig zum Kochtopf bei, indem sie eine Website eröffnen (The Ghost of Barry Fairbrother), in der weitere Anschuldigungen verbreitet werden. Gleichzeitig schlagen sie insofern eine Brücke zu The Fields, als etwa der Teenager Fats ein Verhältnis mit Krystal, Tochter einer Drogenabhängigen, beginnt – und es dabei (while he was shagging her) zu einer Katastrophe kommt. Es wird planiert und niedergebügelt, aber eine Kleinstadtidylle wird sich wohl nie herstellen lassen.

Das liest sich sehr solide, zum Teil auch spannend und berührend, Eliot, Gaskell, Dickens stehen Pate, weitläufig entfaltet sich das Geschehen. Das ist kein Meisterwerk, aber ein gekonntes und (gelungen) konstruiertes Stück Sozial- und Heimatroman. Was dem Buch auf jeden Fall gut getan hätte, wenn man schon die Länge akzeptiert: ein Personenverzeichnis. Es ist ein bisschen mühselig, hin- und herblättern zu müssen, weil man verdammt grad nicht weiß, wer da wen vernadert oder verabscheut, betrügt oder begehrt. Aber wer Zeit für alle Midsomer-Folgen hat, der hat auch Zeit für diesen Roman.

London: Little, Brown 2012: pp. 503