The Avenue of Mysteries

Autor IRVING, John

Verlag New York: Simon&Schuster 2015

Ich kann mich noch erinnern, dass ich wenig Lust hatte, Irving zu lesen, aber mittlerweile kämpfe ich mich mit Neugier und Vergnügen durch seine Romane, deren Lektüre immer ein bisschen länger dauert, als man annimmt.

Vielleicht ist das wegen der berückenden Mischung aus Abenteuer, Skurrilität, Sex und Ernsthaftigkeit, vielleicht auch wegen der immer etwas bizarren Charaktere, vielleicht aber auch deshalb, weil man so viel Unterschiedliches aufgetischt bekommt, dass man in jedem Fall ordentlich satt wird.

Diesmal fliegt der Schriftsteller Juan Diego Guerrero nach Manila, einerseits, um ein altes Versprechen einzulösen, andererseits, weil er von einem ehemaligen Schüler und erfolgreichen Schriftsteller eingeladen wurde.

Juan Diego, in seinen Fünfzigern, nimmt abwechselnd Beta-Blocker, die ihn ins Reich der Träume versetzen (ihm aber gleichzeitig die Vergangenheit stehlen) und Viagra, das einen angenehmen Unruhezustand hervorruft. Der passt, als er im Flugzeug zwei mysteriöse Frauen, Mutter und Tochter, trifft, mit denen er sich höchst energiegeladen durchs Buch bumst, obwohl er nie so recht weiß, wann welche Wirklichkeit beginnt. Trotzdem bleibt ihm Zeit genug, sich an seine Kindheit im mexikanischen Oaxaca zu erinnern, wo er mit seiner Schwester Lupe, die hellsehen kann und nur von ihm verstanden wird, auf einer Müllhalde lebt. Die Welt der Kinder wird bevölkert von Jesuiten, Prostituierten (deren Mutter etwa), ‚dump kids‘ und deren Boss, Zirkusleuten, Ärzten, Transvestiten und vielen Tieren, vor allem Hunden (und später Löwen). Der Gringo Eduardo, der bei den Jesuiten unterrichtet, nimmt sich Juan Diegos an, aber beide werden nicht ewig bei den Jesuiten bleiben. Wer mit wem wo landet, das will ich der Spannung halber hier nicht verraten, aber es geht alles seinen Dickensianischen Gang (Irving findet sich ja eher in der Erzählhaltung des 19. Jahrhunderts wieder), und wir werden mit einer Fülle an Schicksalsschlägen und Sentimentalitäten bedacht. Für mich war Lupe die sympathischste (von vielen sympathischen) Figuren; was die Vergangenheit betrifft, da sind ihre Aussagen akkurat (sie kann sogar die Gedanken der Löwen lesen), nur bei der Zukunft gibt es ein bisschen viel Spielraum; sonst hätte sie ihren Bruder vor den beiden Frauen gewarnt; aber der hätte auch selbst merken müssen, dass etwas nicht stimmt, wenn sie auf keinem Foto aufscheinen… Aber das alles finden Sie am besten selbst heraus, Sie werden es nicht bereuen.

pp. 460

 

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Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.02.2016
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