Talking to Terrorists

Am 7. Juli, dem Tag, da ich eine Karte für dieses Stück hatte, bleiben die Theater Londons geschlossen. Die Bombenanschläge in London hatten die Fiktion überholt – fast ein bisschen verlegen meinte man an der Kassa, dass dies gerade im Moment wohl kein sehr populärer Titel sei.
Dabei ist das in ...

Am 7. Juli, dem Tag, da ich eine Karte für dieses Stück hatte, bleiben die Theater Londons geschlossen. Die Bombenanschläge in London hatten die Fiktion überholt – fast ein bisschen verlegen meinte man an der Kassa, dass dies gerade im Moment wohl kein sehr populärer Titel sei.

Dabei ist das in der Tradition von Verbatim und Documentary oder Factual Theatre (David Hare) stehende Stück ein ganz wichtiger Beitrag zur gegenwärtigen Theaterszene, weil es gerade durch seine Direktheit und Unvermitteltheit beeindruckt und zum Nachdenken anregt.

Das Auftragswerk (für das Royal Court Theatre) versammelt fünf TerroristInnen (I.R.A., U.V.F., P.K.K. N.R.A., A.A.B.) sowie professionelle Friedensarbeiter, Kämpfer, Jounalisten, Politiker, Psychologen auf der Bühne. Und die TerroristInnen, die zu Wort kommen, ob nun aus Irland oder Uganda, ob nun von der Kurdischen Arbeiterpartei oder von Al Asqua, sie haben alle ihre – mitunter fast banale – Vorgeschichte, sind nicht das Prinzip des Bösen, sondern z. T. einfache Leute, die ihre persönlichen Tragödien und die Geschichte ihrer Gruppe/ihres Volkes mit herumschleppen. Sie werden durch nichts entschuldigt, aber sie haben plötzlich eine Stimme, die sich zu den zynischen und verzweifelten Stimmen der anderen Menschen, die in die Prozesse von Kampf, Terror und Verhandlung verwickelt sind, gesellen. Das liest sich faszinierend und kontroversiell und garantiert m. E. das, was ein gutes Theaterstück leisten kann: Verunsicherung. Teile davon, wenn nicht das ganze Stück, sind für eine 7. oder 8. Klasse ideal als Grundlage für eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema Terrorismus geeignet, aber auch für eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie viel Privatheit, wie viel persönliches Schicksal ist bei so einer Auseinandersetzung mitzudenken – oder verwässern Geschichten und Schicksale nur die Kontroverse? Im Grunde sind in "Talking to Terrorists" so viele Themen angeschnitten, dass es sich lohnt, das Stück ausführlich aufzubereiten und damit weit über das vorhandene Material hinauszugehen.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.10.2005
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/gegenwartsliteratur/detail/talking-to-terrorists.html
Kostenpflichtig
nein