Weldons neuester Roman (schon aus dem Vorjahr) ist sozusagen Weldon pur – ein altes Konzept, so adaptiert, dass es auch in diesem Jahrhundert stichhaltig ist. Hattie und Martyn bilden eine Lebensgemeinschaft – beide sind erfolgsverwöhnt, wohlhabend, gebildet, sie arbeitet bei einem Verlag, er ist Journalist. Hattie kommt aus einer interessanten Familie – und ihre Großmutter (Weldon nicht unähnlich) erzählt die Geschichte. Martyn ist – wie so viele Weldon-Männer – ein bisschen selbstgefällig und letztendlich auch ein eher schwacher Charakter, ganz in der Tradition der schwachen Charaktere des klassischen Dramas.

Hattie bringt ein Kind zur Welt – und findet nicht so recht in die Rolle der glücklichen Mutter, ist reizbar und nervös, sodass sich das 'andere Kind' (Martyn) vernachlässigt vorkommt. Ein Kindermädchen soll Abhilfe schaffen – Auftritt Agnieszka, angeblich aus Polen. Agnieszka ist ein wahres Wunder – sie hat eine gute Hand für das Baby, kocht hervorragend, hat klare Prinzipien, einen durchtrainierten Körper vom Bauchtanzen, einen Ehemann (?) in Polen – und viel vor. Agnieszka ist en Gottesgeschenk – oder ist sie doch ein Danaergeschenk? Ihre Geschichte wird immer bedeutsamer (neben den vielen anderen Geschichten, die uns Weldon erzählt), und bereits nach einiger Zeit sind bedeutsame Entscheidungen fällig. Doch die bedeutsamste bleibt natürlich für den Schluss…

Weldon erzählt in ihrer unverwechselbaren lakonisch-humorvollen Art, die aber immer das Leiden – oder auch nur die Wechselfälle des Lebens – unzureichend zudeckt. Das macht wahrscheinlich jede Weldon-Lektüre so erfreulich: Die Art, wie sie uns an die Wechselfälle gemahnt, die bei ihr relativ rasch und häufig auftreten. Angenehm belehrt und angenehm berührt, dass man selbst offensichtlich ein solides (und solideres) Leben gebaut hat, kann man sich entspannt zurücklehnen und das Buch genießen. Oder lauern da nicht doch auch ein paar Wechselfälle? Für Komplettist/innen und Neueinsteiger/innen geeignet!