Rape: A Love Story

Kurzfristig habe ich überlegt, das Buch in die YAN-Section zu stellen, habe mich aber dagegen entschieden, damit es nicht als flüchtige Jugendliteratur-Empfehlung missverstanden wird. Immerhin ist die Geschichte zu schrecklich, Oates beschönigt nichts, spart nicht mir Details – und hat eine Gesc ...

Kurzfristig habe ich überlegt, das Buch in die YAN-Section zu stellen, habe mich aber dagegen entschieden, damit es nicht als flüchtige Jugendliteratur-Empfehlung missverstanden wird. Immerhin ist die Geschichte zu schrecklich, Oates beschönigt nichts, spart nicht mir Details – und hat eine Geschichte geschrieben, die bei allem Anprangern der alltäglichen Bösartigkeit selbst hart an der Kolportage entlang schrammt.

Die 35-jährige Teena Maguire aus Niagara Falls wird, als sie mit ihrer 12-jährigen Tochter des Nachts durch einen Park nach Hause geht, von sechs jungen Männern vergewaltigt, misshandelt und als tot liegen gelassen. Bethie, die Tochter, kann sich im Bootshaus verstecken, muss den Schrecken mitansehen und kann die Männer identifizieren. In dieser Nacht endete nicht nur fast das Leben der Mutter, auch Bethies Kindheit kam zu einem jähen Ende.

Es passiert, was wir bei den amerikanischen Justizmühlen gewohnt sind: ein cleverer Anwalt ist dabei, die Männer freizukriegen, Mutter und Tochter werden als Schlampen dargestellt, Teena verkriecht sich und hält dem Druck nicht stand – die Gerechtigkeit scheint nicht zu siegen. Was siegt, ist die Selbstjustiz. Der junge Polizist Dromoor, der als Erster am Ort des Verbrechens war, sorgt dafür, dass die Vergewaltiger ihrer Strafe nicht entgehen. Für Bethie, die uns die Geschichte erzählt, besteht zu ihm ein Band der Liebe, obwohl Dromoor nichts davon weiß und sie schon längst in New York verheiratet ist.

Der Einbruch der Gewalt aus dem Alltag der eine in den Alltag der anderen ist ein Thema, das bei Oates immer wiederkehrt, und sie versteht es dabei an die Schmerzgrenze ihrer Leser/innen zu gehen. Vielschreiberin Oates arbeitet dennoch präzise, fast kalt, und versteht es, auf diese Weise eine lang anhaltende Beklemmung zurückzulassen. Dennoch drängt sich der Stoff (Vergewaltigung, Selbstjustiz) bisweilen zu sehr in einen möglicherweise spekulativen Vordergrund, und man liest das Buch mit einem etwas unangenehmen Gefühl. Andererseits ist die Erzählhaltung nicht jene von billigen exploitation-Produkten – und genau mit dieser Schwebe arbeitet Oates auch. Lesenswert ist die Novelle aber in jedem Fall, denn Oates, unverdienterweise immer noch nicht Nobelpreisträgerin, schreibt einfach keine schlechten Bücher.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
08.08.2005
Link
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