Was für ein gelungenes Beispiel dafür, dass der Text doch nicht die Theateraufführung ersetzen kann. Simon Stephens, meines Erachtens einer der besten englischen Gegenwartsdramatiker, hat dieses Stück ursprünglich im Auftrag des Deutschen Schauspielhauses Hamburg geschrieben, erst später wurde es in Edinburgh und Birmingham aufgeführt.

Wir schreiben den Juli 2005, in dem London von der Euphorie über die Olympia-Bewerbung in die Realität des U-Bahnanschlags zurückgebombt wurde. Ich war damals selbst in der U-Bahn unterwegs und musste nach einer Station aussteigen, habe also viel vom Atmosphärischen mitbekommen, vor allem, als ich dann von meiner Konferenz drei Stunden zum Hotel heimwanderte.

Genau dieses Atmosphärische versucht Stephens anhand ‚kleiner Leute‘ (ein Schüler, eine Witwe, eine skurrile alte Frau, eine Mutter), die allesamt im Leben sozusagen instabil sind, einzufangen. Zu ihnen gesellt sich auch einer der Attentäter, der auf banale Weise sein Gepäck (den schweren Rucksack, die krausen Gedanken) herumschleppt. Am schaurigsten aber sind die 52 Kurzbiografien, die das Stück abschließen – das Lakonische ist das Grauenhafte.

Das Stück besteht aus einem (nicht gekennzeichneten) Stimmengewirr der vorgeführten Charaktere – und genau das macht die Lektüre schwierig, weil nicht immer auszumachen ist, wem wir nun zuhören (ein Problem, das sich im Theater allmählich auflöst). Dennoch – wie immer bei Stephens - zahlt es sich auch aus, das Stück zu lesen, weil wir einfach großartigen Sätzen und schrecklichen und lyrischen Passagen, die oft eng beieinander liegen, begegnen.

London: Methuen 2008; pp. 68