Motortown

Theatertalent Simon Stephens hat mit "Motortown" (Dagenham) ein exzellentes Stück geschrieben, fetzig und voll bedrohlicher Subbtexte gleichzeitig.
Danny kehrt aus Basra zurück und ist "seriously fucked up"; wer das nicht wahrhaben will, ist natürlich Danny. Wir erleben ihn in verschiedenen Sit ...

Theatertalent Simon Stephens hat mit "Motortown" (Dagenham) ein exzellentes Stück geschrieben, fetzig und voll bedrohlicher Subbtexte gleichzeitig.

Danny kehrt aus Basra zurück und ist "seriously fucked up"; wer das nicht wahrhaben will, ist natürlich Danny. Wir erleben ihn in verschiedenen Situationen – mit seinem autistischen Bruder, mit seiner früheren 'Freundin' Marley, mit einem Halbweltler, wo er das Mädchen Jade kennen lernt, das er später – mehr aus Irritation denn aus Bösartigkeit – erschießt, mit einem liberalen Ehepaar, das auf einen 'flotten Dreier' aus ist. Am Schluss erzwingt er sich die Solidarität seines Bruders – und wir dürfen annehmen, dass Danny – hilflos treibend und lethal – weiterhin für Unruhe sorgen wird, denn mehr noch denn als Soldat in Basra hat er seine Orientierungspunkte verloren.

Es ist diese absolute Unsicherheit, die ihn so gefährlich macht für eine Gesellschaft, die ihre Hurra-Kriegsstimmung exportiert und noch nicht einmal erkannt hat, wie entwurzelt die Rückkehrer sind. Wenn Danny sagt: 'I don't blame the war. The war was alright. I miss it. It's just you come back to this.' – dann heißt das für die Gesellschaft: Hier sind die wahren Nicht-Integrierer und ihr habt sie selbst produziert.

Das Bestechende an dem Stück ist, wie mit minimalistischen Sprachgesten eine Welt unberechenbarer Gewalt entsteht; der Wechsel zwischen 'small talk', in dem schon die Aggressionen lauern und den plötzlichen brutalen (Sprach)Handlungen ist beängstigend gut gelungen. Da kann sich Pinter nochmals in die Lehre begeben, so meisterhaft macht dies Stephens.

Wer das Glück hatte, die ganz ausgezeichnete Aufführung bei den Wiener Festwochen 2006 zu sehen, der hat die beklemmende Atmosphäre des Stücks ja miterleben können; der hat auch feststellen können, dass die Schauspieler/innen (allen voran Daniel Mays als Danny) eines relativ kleinen Theaters (Royal Court) in einer Liga spielen, die hierzulande kaum erreicht wird.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.09.2006
Link
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