Meltdown

Wenn wir Mitleid mit ihnen haben, dann nicht als Banker, sondern als Menschen, ließe sich Lessing hier abwandeln. Elton, zeitgeistig wie immer, hat sich diesmal den ‚credit crunch‘ vorgenommen und gezeigt, dass die ‚noughties‘ tatsächlich auf einer ungeheuren Blase errichtet worden sind.
Im Zen ...

Wenn wir Mitleid mit ihnen haben, dann nicht als Banker, sondern als Menschen, ließe sich Lessing hier abwandeln. Elton, zeitgeistig wie immer, hat sich diesmal den ‚credit crunch‘ vorgenommen und gezeigt, dass die ‚noughties‘ tatsächlich auf einer ungeheuren Blase errichtet worden sind.

Im Zentrum steht der Investmentbanker Jimmy, der mit seiner Frau Monica und seinen Kindern ein millionenschweres Notting-Hill Haus bewohnt und sich gerade eine ganz Straße gekauft hat, die er zur eleganten Wohngegend entwickeln will. Kein Problem auch, denn er hat gute Freunde (noch aus Universitätszeiten), die ihm helfen: Sir Rupert, der die Lancashire Bank (Englands beste Bank) managt; David, der ein Spitzenarchiktekt ist; Henry, der MP für New Labour ist; und Robbo, der eigentlich nichts macht, außer im Pub zu sitzen und seine erfolgreiche Frau Lizzie zu lieben.

Dann kommt der große Krach – und mehrere Welten brechen zusammen. Jimmy und Monica müssen plötzlich lernen, bei Lidl einzukaufen; ihr Sohn Toby muss auf eine (gefürchtete) staatliche Schule wechseln; die Polizei interessiert sich für alte Geschäfte; und Jimmy ist arbeitslos.

Wir erleben, wie alle auf ihre Art und Weise versuchen, die Krise zu durchtauchen; und zum Teil zittern wir sogar mit, denn unsympathisch und böse ist Jimmy zum Beispiel keineswegs. Eben unbekümmert; ein Spieler; einer, der eben der Gelddroge erlegen ist.

Elton entwickelt seinen Charaktere durch zahlreiche Rückblenden und Gespräche, bedient alle seinen Leser/innen – etwa die Soliden durch Jimmys Vater und z. T. Monica, die Zyniker durch Rupert, die „Tagediebe“ durch Robbo. Die Freundesgruppe (The Radishes) überlebt die Krise nicht, aber in irgendeiner Weise finden sich alle (fast märchenhaft) wieder auf zwei Beinen wieder. Bloß – die stehen nun woanders.

Wie immer bei Elton ist das unterhaltsame Lektüre; witzig und manchmal sogar geistreich, bitter, scharfzüngig. Wo all das Geld hin ist, wissen wir noch immer nicht – vor allem deswegen, weil es in den meisten Fällen wohl gar keines gab.

London: Bantam 2009; pp. 384

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Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
03.05.2010
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