Juliet, Naked

Annie und Duncan leben seit 15 Jahren zusammen – in einem langweiligen Ort am Meer (Gooleness), der ganz gut zu ihrer Beziehung passt. In Wirklichkeit ist es ein bisschen eine menage à trois, denn allgegenwärtig ist Tucker Crowe, ein Musiker, der seit seinem „break-up album“ („Juliet“) von 1986 ...

Annie und Duncan leben seit 15 Jahren zusammen – in einem langweiligen Ort am Meer (Gooleness), der ganz gut zu ihrer Beziehung passt. In Wirklichkeit ist es ein bisschen eine menage à trois, denn allgegenwärtig ist Tucker Crowe, ein Musiker, der seit seinem „break-up album“ („Juliet“) von 1986 verschwunden ist. Duncan ist einer der wenigen Crowologists, die die Legende am Köcheln erhalten – und mit dem Internet gibt es natürlich gehörig viel Brennstoff.

Der Roman beginnt auch mit einer herrlichen Tour zu den amerikanischen „landmarks“ für Crowe-Enthusiasten, wie etwa der Toilette (ah, if toilets could speak), die Tucker aufsuchte, bevor er verschwand.

Da taucht plötzlich eine Vor-Version von „Juliet“ („Juliet, Naked“) auf, die Duncan enthusiastisch bespricht, zum Teil wohl aus Ärger darüber, dass Annie sie vor ihm gehört hat. Duncan ärgert sich auch, dass Annie ihre eigene Besprechung postet – und schon ist die Beziehung in der Krise, Duncan zieht aus, und Annie erhält einen Email von Tucker.

Zum Teil mit Annie, zum Teil mit Tuckers Partnerinnen und Kindern (v.a. dem sechsjährigen Jackson), lernen wir den wahren Tucker Crowe kennen, der – wie Annie – meint, einen Gutteil seines Lebens verpfuscht zu haben. Als Tucker nach England kommt, trifft er natürlich Annie – und er trifft auch Duncan, der nicht wahrhaben will, dass die Legende zur Wirklichkeit wird.

Wie immer bei Hornby – das ist angenehme Lektüre; man überhebt sich nicht, pflichtet bei, schmunzelt, findet manche Passagen sogar sehr gelungen. Duncan ist ein gelungenes Porträt eines Menschen, der, leicht verklemmt, sich an einem Vorbild festhält und in einer Winzig-Community sogar Status besitzt. Wie das vor allem mit dem Internet möglich wird, stellt Hornby sehr witzig und ansprechend dar. Annie ist sympathisch, no-nonsense, und Tucker irrlichtert durch die Geschichte, und wenn es einen Film geben sollte, dann würde Tom Waits das bestimmt sehr gut hinkriegen. Gehobene Unterhaltung also – und die Schüler/innen werden sich freuen, denn da ist endlich wieder ein akzeptierter Gegenwartsroman, bei dem man sich nicht allzu sehr anstrengen muss – grad recht für die ominöse Leseliste.

London: Penguin Books 2009; pp. 249

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Sprache
Deutsch
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Education Group
Veröffentlicht am
01.10.2009
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