His Bloody Project

Autor BURNET, Macrae Graeme

Verlag Glasgow: Contraband 2016

Was mich betrifft – das Buch hätte gerne den Booker gewinnen können, denn es ist eine solide Verarbeitung fiktiver Tatsachen, wie sie schon im 18. Jahrhundert sehr beliebt war.

Der Untertitel gibt die Richtung vor: “Documents relating to the case of Roderick Macrae”; Roderick, ein siebzehnjähriger ‚Crofter‘, hat 1869 drei Menschen in seinem Heimatort Culduie erschlagen und verfasst im Gefängnis zu Inverness einen Bericht über die Ereignisse, die zur Tat geführt haben. Aber die ‚Ossian‘-Angst sitzt tief in Schottland – wie soll ein ungebildeter Torfstecher ein derartig elaboriertes Dokument verfasst haben?

Im Roderick-Teil lernen wir das Leben der einfachen Menschen in den Highlands kennen: Arbeit, Ausbeutung, unglaublichen Fatalismus; Gottes- und Autoritätsfurcht.  Im gegenständlichen Fall kommt noch ein Constable hinzu, ein Crofter namens Lachlan Mackenzie, der die Macrae-Familie tyrannisiert, was mitunter zu kafkaesken Szenen führt. Bis Roderick eines Tages meint, seinen hartherzigen Vater davon erlösen zu müssen, und er, mit ‚croman‘ und ‚flaughter‘ bewaffnet (es gibt ein Glossar), dem Treiben ein Ende setzt.

Das ist aber nur ein Teil des Romans. Neben medizinischen Akten findet sich ein Auszug aus „Travels in the Border-Land of Lunacy“ (fiktiv) des J. Bruce Thomson, eines führenden Kriminologen des 19. Jahrhunderts (echt). Der kommt hier aber als ziemlich arrogant und besserwisserisch herüber; auf Romanebene verdanken wir ihm jedoch einen lesenswerten Ausflug nach Culduie. Schließlich und endlich wird die Gerichtsverhandlung, z.T. über Beiträge von Journalisten, wiedergegeben. Rodericks Verteidigung plädiert auf Unzurechnungsfähigkeit…

Das alles wird mit so viel Authentizität und in der adäquaten Sprache präsentiert, dass es ein großes Vergnügen ist, das Buch zu lesen; von Beginn finden wir uns gefesselt von Milieu, Ereignissen, Sprache, und die Spannung lässt an keiner Stelle nach. Die einzige Unstimmigkeit, die nicht ergründet wurde, ist das Leben von Rodericks Schwester (und eventuell seiner Mutter); dieses Beziehungsgeflecht findet sich zwar in den Aufzeichnungen, nicht aber bei der Verhandlung. Davon abgesehen – ein beachtlicher Roman, dessen Lektüre sich lohnt!

pp. 280

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
02.12.2016
Link
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