Hag-Seed

Autor ATWOOD, Margaret

Verlag London: Hogarth Press 2016

Dies ist der vierte Band in der Hogarth Shakespeare-Reihe, und darin erzählt eine meiner Lieblingsautorinnen die Geschichte von „The Tempest“ neu; und sie erzählt sie auf eine so geschickte und wunderbare Weise, dass man daran nur Vergnügen finden kann.

Felix, künstlerischer Leiter des kanadischen Makeshiweg Theatre Festivals, wird ganz plötzlich aus seinem Beruf und seiner Berufung (er ist auch Schauspieler und Regisseur) hinausgeekelt; nach dem Tod seiner dreijährigen Tochter Miranda finden Tony und Sal, beide später Politiker, dass er nicht mehr tauge; in Wirklichkeit nutzen sie die Abberufung von Felix für ihre eigenen Karriereleitern. Felix taucht ab – in eine einsame, halb verfallene Unterkunft (seine Insel) und gerät zunehmend in den Sog einer fiktiven Miranda, die sein Leben begleitet; da bietet sich eines Tages, nach zwölf Jahren, die Möglichkeit, in einem Gefängnis Theaterstücke zu inszenieren, ein Sozialprojekt mit Häftlingen unterschiedlicher Herkunft. Felix nimmt den Job an und ist gut darin; eine erfolgreiche Shakespeare-Produktion jagt die andere…

Als er hört, dass Tony und Sal – zwecks Imagepolierung – die Theatergruppe besuchen möchten, beginnt er, seine Rachepläne minutiös umzusetzen. Inszeniert wird „The Tempest“, und Felix weiß schon, wie er die beiden Politiker bloßstellen wird…

Atwood selbst inszeniert auf höchst kluge Weise ein Stück im Stück im Roman; nicht nur, dass wir mitzittern dürfen, ob Felix die Rache gelingen wird, wir bekommen auch eine gelungene und detaillierte Einführung in „The Tempest“; denn immerhin muss Felix den Insassen erst das Stück verkaufen; die verstehen zwar Macht und Mord wie in „Macbeth“, glauben aber, Geister seien nichts für echte Männer. (Für Miranda bringt er sowieso eine interessante Schauspielerin von außen.) Beeindruckend daher, wie sie Shakespeare adaptieren und analysieren, so als wär’s ein Seminar an der Uni. Dieser Kunstgriff macht es für Atwood leicht, Shakespeare zu erklären, nachzuerzählen und aufs (Wieder)Lesen neugierig zu machen. Bisher der beste Band in der Reihe!

P. S. Der Titel stammt übrigens aus der Liste der Schimpfwörter, die bei den Proben verwendet werden dürfen: “Toads, beetles, bats light on you. Filth as thou art. Abhorr’ed slave. The red plague rid you. Hag-seed. All the infections that the sun sucks up...”

pp. 289

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
04.01.2017
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/gegenwartsliteratur/detail/hag-seed.html
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