Gould's book of fish. a novel in twelve fish

Flanagan, 1961 in Tasmanien geboren, hat mit seinem dritten Roman,
"Gould's book of fish" den Commonwealth Prize for Fiction gewonnen, was manchen als deutliche Empfehlung gilt, manchen nicht (vgl. Goshs Ablehnung des Preises). Ungeachtet der Debatten um den Preis - auch Flanagans ...

Flanagan, 1961 in Tasmanien geboren, hat mit seinem dritten Roman,

"Gould's book of fish" den Commonwealth Prize for Fiction gewonnen, was manchen als deutliche Empfehlung gilt, manchen nicht (vgl. Goshs Ablehnung des Preises). Ungeachtet der Debatten um den Preis - auch Flanagans Buch spaltet die Leser/-innen. Viele sehen darin einen großen Wurf, einige meine, dass Flanagan einfach eine kindische Freude am Geschichtenspinnen und vor allem an Wortkaskaden hat, die sich in dieser Form schon längst überlebt hat.
Suchen Sie mich bei der ersten Gruppe. Mich hat allein schon der Untertitel dieses ausgesprochen schön gestalteten Buches für sich eingenommen; die Geschichte selbst hat mich angenehm in die quasi-biografische Literatur des 18. Jahrhunderts zurückversetzt (mit typischem Rahmen zum Manuskript des W. B. Gould), obwohl sie vorwiegend im Van Diemen-Land (=Tasmanien) des frühen 19. Jahrhunderts spielt. Der englische Kleinkriminelle William Buelow Gould ("my name is a song which will be sung") wird, zwecks Strafverschärfung, auf Sarahs Island verbannt, wo ein verrückter Commandant ein unmenschliches und bizarres (er lässt eine Eisenbahn bauen etc.) Regime errichtet hat, wo ein verrückter Wissenschafter Artefakte und Menschenschädel sammelt, um in die Royal Society aufgenommen zu werden, wo eine Einheimische (Twopenny Sal) als Geliebte den Tanz der Aufklärung spielt, wo ein Soldat minutiöse Aufzeichnungen und eine Bibliothek führt, wo aber vor allem Gould seine wahre Bestimmung entdeckt: das Malen von Fischen. Bis zu Goulds Tod begleiten wir eine aberwitzige Truppe voller Obsessionen und Grausamkeiten, wühlen wir uns durch Erzählungen und Abschweifungen, lernen wir historische Persönlichkeiten und erfundene Charaktere kennen, durchleben absonderliche Grausamkeiten und wenig Erfreuliches.
All das geschieht in einer Sprache, die fürwahr an Rabelais erinnert und die vor allem für einen non-native mit einer Vielzahl von kuriosen Wörtern (u.a. ein paar Tasmania und Australia) gespickt ist. Flanagan greift dabei ganz bewusst die digredierende Erzählweise eines Sterne auf, zitiert auch manche seiner Vorbilder direkt und indirekt und suhlt sich in der Sprache wie das mächtige Schwein Castlereagh, das eine bedeutsame Rolle u.a. im Schicksal seines Eigentümers, des Herrn Lempriere (!), spielt. Und wenn man erschöpft am Ende des Romans angelangt ist, hält Flanagan noch eine kleine Überraschung bereit, die das Genre relativiert, wenn nicht gar desavouiert. Bis dahin sind Sie einem Buch ausgeliefert, das den Vergleich mit großen Erzählungen nicht scheuen muss, und ich beneide Sie um das Lektürerabenteuer, das auf Sie wartet. Wen ich weniger beneide, ist der Übersetzer/die Übersetzerin; aber auch da kann man mittlerweile den Vergleich ziehen, denn das Buch bietet sich auch in der deutschen Fassung als ideales Weihnachtsgeschenk an.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
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