Golden Deeds

Dies ist der zweite Roman der neuseeländischen Schriftstellerin Catherine Chidgey, und er reiht sich bestens ein in jene Literatur der Unbehaustheit und Unsicherheit, die gleichzeitig ein gothic tale erzählt, das einen mit großem Unbehagen erfüllt.
Die junge Colette, durchaus brav und bieder an ...

Dies ist der zweite Roman der neuseeländischen Schriftstellerin Catherine Chidgey, und er reiht sich bestens ein in jene Literatur der Unbehaustheit und Unsicherheit, die gleichzeitig ein gothic tale erzählt, das einen mit großem Unbehagen erfüllt.

Die junge Colette, durchaus brav und bieder an Neuseeland gebunden, erhält eines Tages einen Brief von den Freunden Patrick Mercers, der nach einem Unfall im Koma liegt; sie wird ersucht, ihm zu schreiben, Geld zu spenden. Colette kennt Patrick nicht, klärt aber den Irrtum nicht auf. Patrick ist ein alternder Experte für mittelalterliche Handschriften, der von einer großen Liebe zu diesen besessen ist, der eine Obsession pflegt, die jede Faser (?) des Pergaments, der Inkunabel, die er in Händen hält, durchdringt. Er hatte einen Autounfall, und während er im Koma liegt, erfahren wir nicht nur von seiner Obsession, sondern auch von seiner Vergangenheit – und von seiner damaligen Obsession, den Meccano-Spielzeugen (eine Art Metall-Matador; wer sich dafür interessiert, geht am besten zu: freenet.edmonton.ab.ca/meccano/).

Der eigentliche Fokus des Buches aber liegt auf der Geschichte vom Verschwinden der 16-jährigen Laura und dem Unvermögen ihrer Eltern, je damit zurechtzukommen. Laura verschwindet 1988, als im Norden Neuseelands eine Sonnenfinsternis zu beobachten ist. Einige Kapitel hoffen wir noch mit ihren Eltern, doch als "der Mann" auftritt, wird langsam zur Gewissheit, was wir ahnen...

Die Sonnenfinsternis, das plötzliche Verschwinden der Sonne, spiegelt das wider, was Ruth, Lauras Mutter, empfindet: die Plötzlichkeit, mit der sich etwas verändert. dadurch erhält aber der Titel, "Golden Deeds" ("a golden deed must be something more than a mere display of fearlessness" weiß Patrick aus einem belehrenden Buch seiner Jugend), eine zynische Doppelbödigkeit. Nach und nach verknüpft Chidgey Schicksale, ohne aber dabei Dinge wirklich auszusprechen, Verbindungen wirklich klar zu machen. "Der Mann", dessen Plan wir letztendlich kennen lernen, findet sich am Schluss des Buches in einem offenen Ende wieder (auch eine golden deed?), das aber niemandem mehr Trost bringen wird. Und Colettes Vergangenheit zeigt Bruchlinien, die ihr nicht unbedingt lieb und angenehm sind. Was bleibt, ist eigentlich nur Patricks Liebe zu den Handschriften, eine Liebe, die Chidgey ernsthaft und detailgetreu schildert. Aber ob das reicht gegen das Trügerische unserer Existenz?

Chidgey ist eine Meisterin im Verunsichern, gleichzeitig aber auch eine Meisterin einer klaren und poetischen Sprache; wenn Sie immer schon ein Buch der neuseeländischen Gegenwartsliteratur (von der Sie vielleicht ebenso wenig Ahnung haben wie ich?) lesen wollten, dann scheint mir dieser Roman ein guter Anfang zu sein.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/gegenwartsliteratur/detail/golden-deeds.html
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