Ex Libris

"Schon wieder ein Roman, der in den 60er Jahren des 17. Jahrhunderts spielt (vgl. Pears) - mit allen möglichen Rückblicken, Intrigen, puritanischen Machenschaften und adeligen Ränken.Diesmal geht es fast ausschließlich um Bücher. Der wohlhabende Londoner Buchhändler Isaac Inchbold, in Habitus un ...

"Schon wieder ein Roman, der in den 60er Jahren des 17. Jahrhunderts spielt (vgl. Pears) - mit allen möglichen Rückblicken, Intrigen, puritanischen Machenschaften und adeligen Ränken.
Diesmal geht es fast ausschließlich um Bücher. Der wohlhabende Londoner Buchhändler Isaac Inchbold, in Habitus und Alter eher ein Antiheld, wird auf einen Landsitz, Pontifex Hall, gerufen und dort von der Herrin, der schönen, klugen, geheimnisvollen Alethea, beauftragt, ein Buch des Hermes Trismegistus, "The Labyrinth of the World", zu suchen. Pontifex Hall scheint dem Verfall preisgegeben und beherbergt doch noch immer eine großartige und wertvolle Bibliothek. Lady Alethea will Bau und Inventar in alter Pracht wieder herstellen, so wie es war, bevor die Puritaner ihr Zerstörungswerk begannen; dazu will sie nicht nur die alten Bücher, sie will just jene Ausgaben, die dasEx Libris der Bibliothek tragen.
Inchbolds Suche beginnt und stürzt ihn erwartungsgemäß nicht nur in einen Sumpf von Gegenwartsintrigen, führt in nicht nur in verruchte Gegenden, lässt ihn nicht nur zwielichtige Subjekte des 'heutigen' London kennen lernen, sondern wir erfahren auch (offensichtlich mit ihm gemeinsam) die Geschichte des hermetischen Fragments, das von Sir Ambrose Plessington, dem Gründer der Bibliothek, aus dem Prag Rudolfs geschmuggelt worden war; dabei spielen finstere Spanier, schöne Frauen, geheimnisvolle Bibliothekare - und Sir Walter Raleigh nicht unwesentliche Rollen.

Selbstredend hat King den Hintergrund wohl studiert, aber dennoch bleibt der Geschmack der Anhäufung zurück: Da stapeln sich nicht nur Fakten, Andeutungen und Bücher, sondern auch falsche Fährten und ausgedehnte Suchen. Keine Frage, King garniert das alles recht gut und spannend mit allerlei Hinweisen (habent sua fata libelli), aber ich könnte schwören, dass hier Recherchiertes und Erfundenes kunterbunt gewürfelt sind; zugegeben, ich war zu faul, Titel nachzuprüfen, aber was hier dem armen Jakob Böhme in die Schuhe geschoben wird, scheint mir doch unhaltbar. Und wie Raleigh, Längengrad, El Dorado und Magie dem Bucheintopf untergehoben werden, das ist schon mehr als verwegen. Und der wehmutsvolle Schluss, der Alethea gewidmet ist, der klingt mir fatal nach mittelmäßiger Eco-Imitation.
Dennoch will ich nicht bestreiten, dass das Buch spannend zu lesen ist, noch dazu, wo es ein bisschen bibliomanisch wirkt und in eine höchst interessante Bibliothek entführt. Die Seltenheit und Unverwechselbarkeit von Buchausgaben liefert noch immer eine gute Folie für handfeste Abenteuer; und die Tatsache, dass Bücher damals - nach allgemeinem Glauben - noch Schätze arkanen Wissens sein konnten, denen Geschichtsmächtigkeit zukam, liefert unterhaltsamen Lesestoff. So manche/r Sechzehnjährige wird im Anschluss an die Books-Unit in MYW 6 vielleicht dafür zu interessieren sein."

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/gegenwartsliteratur/detail/ex-libris-1.html
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