Disobedience

Das Buch ist insofern keine Überraschung, als es schon von so vielen Seiten gepriesen wurde – und mein Exemplar ist bereits die dritte Auflage, obwohl ich rasch bestellt habe. Naomi Alderman schreibt über jene Gemeinde, in der sie lebt: Hendon, eine jüdische Enklave in London, wo die Zeit still ...

Das Buch ist insofern keine Überraschung, als es schon von so vielen Seiten gepriesen wurde – und mein Exemplar ist bereits die dritte Auflage, obwohl ich rasch bestellt habe. Naomi Alderman schreibt über jene Gemeinde, in der sie lebt: Hendon, eine jüdische Enklave in London, wo die Zeit still zu stehen scheint. Da werden wir mit allerhand seltsamem Brauchtum, das offensichtlich Teil der jüdischen Identität ist, konfrontiert, da wird uns aber auch gleichzeitig eine rasante Beziehungsgeschichte serviert, die ans Kolportagehafte grenzt.

Rav Krushka, anerkannter Torah-Gelehrter, stirbt und die Mächtigen Hendons suchen einen Nachfolger. Dovid, sein Assistent, scheint zu schwach; und dann ist da noch das Problem mit seiner Frau Esti, die kaum spricht, und über die man sich dunkle Dinge aus der Vergangenheit zuraunt. Gab es etwa eine nicht Gott gefällige Beziehung zur Tochter des Rav, Ronit, die nun in New York als Finanzexpertin lebt?

Szenenwechsel nach New York zu Ronit, einer selbstbewussten jungen Frau, die gerade eine Affäre mit ihrem Boss beendet hat. Als sie vom Tod des Vaters, von dem sie im Streit geschieden ist, erfährt, beschließt sie nach Hendon zurückzukehren um wenigstens die Kerzenleuchter, die ihre Mutter so gemocht hat, für sich zu retten.

Esti glaubt, die alten Zeiten könnten wiederkehren, Ronit stellt gleich klar, dass das nicht möglich ist, Dovid wirkt schicksalsergeben, die Mächtigen verschwören sich gegen Ronit – kurzum, wir befinden uns plötzlich in einem Hexenkessel von Liebe und Intrige, schwelgen in Erinnerungen mit und sehen Lebensentwürfe heranwachsen. Das ist von Alderman mit viel Geschick und einem Schuss Heftlroman-Technik sehr gelungen erzählt und üppig garniert mit der Darstellung aller möglichen Gepflogenheiten orthodoxer Juden. Man liest's mit Interesse und Erstaunen, weil es einfach eine andere Welt ist, eine ziemlich kuriose noch dazu. Gleichzeitig beeindruckt eben jene Möglichkeit des Ungehorsams, die Gott zwangsläufig einräumen muss und die manche Menschen eben weidlich nutzen. Wie sehr Ungehorsam auch zur Selbstfindung im Leben beiträgt, wird gleichfalls verdeutlicht, sodass man den Roman mit einiger Zufriedenheit verlässt und hofft, noch mehr von Alderman zu lesen. Bleibt ihr zu wünschen, dass ihre Themen nicht dem 'overkill' des Erfolges jener orthodoxen Welt ausgesetzt sein werden. Empfehlenswert!

 

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.05.2006
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/gegenwartsliteratur/detail/disobedience.html
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