Deaf Sentence

Auf David Lodge ist Verlass! Da wird solide erzählt, die Sprache ist ausgezeichnet, die Beobachtungen sind klar und unterhaltsam – und all das hat eine gewisse distinguierte Behäbigkeit. Lodge ist in die Jahre gekommen – und mit ihm seine Helden. Wo es früher noch die wilden (Sex)Abenteuer gab, ...

Auf David Lodge ist Verlass! Da wird solide erzählt, die Sprache ist ausgezeichnet, die Beobachtungen sind klar und unterhaltsam – und all das hat eine gewisse distinguierte Behäbigkeit. Lodge ist in die Jahre gekommen – und mit ihm seine Helden. Wo es früher noch die wilden (Sex)Abenteuer gab, da muss nun ein zögerliches Wollen, ein beruhigend-unerfülltes Sehnen bleiben.

Die Linguistik-Fakultät seiner Universität (gemahnt an B’ham) wird geschlossen, und so beschließt Professor Desmond Bates, Diskurs-Spezialist, die angebotene Frühpension anzunehmen. Je mehr ihn die Bedeutungslosigkeit einholt, desto aktiver wird seine Frau Fred, die einen schicken Laden leitet. Zwischen Dinnerparty und Besuchen beim (recht witzig porträtierten) fast neunzigjährigen Vater in London taucht plötzlich die amerikanische Postgraduate-Studentin Alex Loom auf, die eine linguistische Untersuchung über Abschiedsbriefe von SelbstmörderInnen schreibt. Zuerst will sie nur, dass Desmond ihr Betreuer wird, doch dann werden ihre Angebote immer eindeutiger, und Desmond, ein altväterischer und betulicher Mensch, sieht sich plötzlich Verlockungen gegenüber, mit denen er nicht so leicht zurecht kommt.

Außerdem ist sein gesamtes Leben von einer großen Behinderung überschattet: Desmond ist schwerhörig, und zwar sehr schwerhörig. Das bringt ihn nicht nur in engeren Kontakt mit Alex Loom, sondern sorgt überhaupt für zahlreiche Verwicklungen.

Lodge, der sich in manchen Phasen hier selbst ziemlich ironisch porträtiert, kämpft ebenfalls seit vielen Jahren mit seiner Schwerhörigkeit und kann natürlich viel an Komik (aber auch an Unannehmlichkeiten) im Erzählverlauf beitragen. Er tut dies auf eine leichte und elegante Art, würzt das alles mit zahlreichen klugen Beobachtungen und führt uns gleichzeitig eine Lebensphase vor, mit der die meisten von uns noch zu ringen haben. Jugendliche Leser/innen werden das vielleicht nicht so zu schätzen wissen, aber die vielen Anglophilen unter uns im leicht fortgeschrittenen Alter werden sich ganz bestimmt gut unterhalten.

London: Harvill Secker 2008; pp. 294

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Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.08.2009
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