Chart Throb

Wie gut, dass es Ben Elton gibt, der mit jedem seiner Bücher jene Unterhaltung garantiert, bei der man auch das Gefühl hat, bereichert worden zu sein.
Diesmal geht es um 'reality TV' – genauer um die Musiksendung "Chart Throb" (eine Art Super-Starmania). Drei 'judges' entscheiden über das Schic ...

Wie gut, dass es Ben Elton gibt, der mit jedem seiner Bücher jene Unterhaltung garantiert, bei der man auch das Gefühl hat, bereichert worden zu sein.

Diesmal geht es um 'reality TV' – genauer um die Musiksendung "Chart Throb" (eine Art Super-Starmania). Drei 'judges' entscheiden über das Schicksal jener 95,000 Bewerber/innen, die zum Großteil nicht singen können, deren Schicksale – ach was, deren im Vorhinein festgelegten Typisierungen ganz einfach zu einem herhalten müssen: flächendeckendes Unterhaltungsfernsehen zu produzieren. Es bleibt relativ egal, was sie sagen und was sie tun, denn die wahren Minuten des Ruhmes entscheiden sich am Schneidetisch.

Im Grunde entscheidet nur einer: Calvin Simms, Entertainer und Fernsehmacher mit der goldnen Nase für alles, was sich verkauft. (Simms ist eine Variante von Hugh Grants nicht unsympathischer Rolle in "American Dreamz".) Seine Mitjuroren sind Beryl Blenheim, Transsexuelle und groteskes "rock chick from way back" und der Serafin-mäßige, leicht trottelhafte Rodney Root. Die Herausforderung diesmal: Aus vielerlei Gründen möchte Calvin, dass HRH, Prince Charles, "[who] is enjoying shaking his booty and strutting his funky stuff enormously," den Wettbewerb gewinnt.

Calvin muss auswählen aus Clingers – untalentiert und uneinsichtig, aber immer gut für ein paar unterhaltsame Fernsehminuten; Blingers – extravertiert und jederzeit bereit, sich zum kompletten Idioten zu machen; und Mingers – das Salz in der Suppe: die Verlierer, die Fetten, die Hässlichen, die Blöden, die absoluten Loser eben.

All das ist für Calvin, der immer alles unter Kontrolle hat, kein Problem; selbst die angedrohte Scheidung kann ihn nicht wirklich beeindrucken. Doch dann passiert ihm etwas, das ihn seine Kontrolle verlieren lässt. Er verliebt sich in Emma!

Stoff genug also für eine Tour-de-force! Das ist am Anfang absolut witzig – aber da sich das Buch nicht als Lektüre für mehrere Wochen eignet, ist irgendwann ein bisschen die Luft draußen. Aber das macht eigentlich nichts, denn Elton schreibt es so routiniert zu Ende, dass auch die verschiedenen Auswahlverfahren his zum Schluss, trotz aller Wiederholungen, die die Sache mit sich bringt ("You owned that song!"), immer noch witzig bleiben und in Atem halten. Im Grunde ist es wie mit der Sendung selbst – man bleibt, wenn man einmal eingestiegen ist, dran kleben.

Und man lernt (und da kann man dann eine Spur weiser nicken) von einem Profi zahlreiche Tricks und Zynismen des Showgeschäfts kennen. Aber wie bei einer guten Sendung – die Unterhaltung steht im Vordergrund. Eltons Buch und Weitz' "American Dreamz" erzählen uns wahrscheinlich mehr übers Showgeschäft als zahlreiche brav gehaltene Stunden in Medienkunde. Empfehlung!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.02.2007
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/gegenwartsliteratur/detail/chart-throb.html
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