Altar Ego


Ein Feuerwerk! Dagegen sieht Fay Weldon müde aus, bestenfalls vorlesbar in Granny's Hour, denn Lette ist nicht nur eine Autorin, die pro Zeile mindestens einen Gag und zwei Wortspiele unterbringen muss, sie ist auch eine Autorin, die das langweilige Beziehungsgeflecht vieler Romane durch ...

 

Ein Feuerwerk! Dagegen sieht Fay Weldon müde aus, bestenfalls vorlesbar in Granny's Hour, denn Lette ist nicht nur eine Autorin, die pro Zeile mindestens einen Gag und zwei Wortspiele unterbringen muss, sie ist auch eine Autorin, die das langweilige Beziehungsgeflecht vieler Romane durch zwei wesentliche Menschheitsprobleme ersetzt: Sex und Zellulitis.
Wahrscheinlich werde alle Leserinnen sich mittlerweile bloß verwundert fragen, ob ich tatsächlich erst jetzt Lettes Bücher entdeckt habe. Ja, ich gesteh's, dass es offensichtlich ein Jahrzehnt zu spät war, aber dafür ist das Nachholen umso vergnüglicher.

Auch die Heldin des Buches, Rebecca Steele, ist gut im Nachholen, obwohl sie mit 32 schön langsam erwachsen werden sollte. Aber eben an dem Tag, an dem sie den begehrenswerten Menschenrechtsanwalt Julian heiraten soll, lässt sie ihn und die gesamte Hochzeitsgesellschaft stehen. Natürlich liebt Julian sie weiterhin, aber Rebecca beginnt eine Affäre mit dem wesentlich jüngeren schwarzen Rapstar Zachary; was sie verbindet, ist Sex, Sex und Sex - und das 24 Stunden am Tag. Fatalerweise lässt sie sich etwa zur gleichen Zeit doch zur Heirat mit Julian überreden...
Damit beginnt nicht nur Rebeccas Odyssee als etwas überaltertes Groupie, es beginnt auch ihre langsame Erkenntnis, dass sie Julian tatsächlich liebt. Doch der beginnt langsam über den Zachary-Schock hinwegzukommen, tröstet sich mit einer von Beckys Freundinnen und plant die andere zu heiraten. Doch Rebecca, die alle Grenzen bereits mehrfach überschritten hat, gibt sich nicht geschlagen...

All das kann nicht annähernd das eingangs erwähnte Feuerwerk wiedergeben, das auf uns einprasselt, so sehr einprasselt, dass es bisweilen fast zu viel wird. Lette klopft die Sprache auf Wendungen ab, die es ihr ermöglichen kein noch so geistvolles, noch so peinliches, noch so banales Wortspiel auszulassen; jeder Witz, jede Anspielung sind ihr recht (kein Wunder, dass Bill Clinton mehrmals vorkommt), jede halsbrecherische erzählerische Wendung ist ihr willkommen. Wer also bis jetzt mein Unglück teilen musste und Lette nicht gekannt hat, der sei vorgewarnt: Erstklassige Unterhaltung ist garantiert; Suchtbildung auch.

 

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
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