"All families are psychotic, Wade. Everybody has basically the same family – it's just reconfigured slightly different from one to the next." Was Wunder, wenn vor diesem Hintergrund so manche/r Leser/-in die eigene Familie als psychotic einstuft und sich immer wieder in dem ein oder anderen Vorfall wiederfindet.
Generation-X Autor Coupland, einer der rührigsten kanadischen Schriftsteller der 90er-Jahre und Experte fürs Bizarre (man denke nur an die Hippies in "Shampoo Planet") hat mit seinem Roman der Familie (und der Übermutter) ein Simpsoneskes Denkmal gesetzt und dabei ein bisschen mit der Idee "All novels are chaotic" kokettiert.
Janet war mit Ted verheiratet, und in Rückblicken erleben wir Szenen einer Ehe; nun ist sie schon lange von ihm getrennt, leidet an AIDS und freut sich ihrer drei Kinder: Wade, der Unberechenbare, Bryan, der schon damals sagte "I'd kill to be murdered" und der nun mit seiner vokalfreien Freundin Shw in Florida ankommt, und schließlich Sarah, die – trotz Körperbehinderung – von Cape Canavaral ins All aufbrechen soll.
Das klingt ja nicht sehr schlimm, aber dazu kommt auch noch der soap opera-Charakter des Romans: Die meisten Familienangehörigen sind physisch krank (AIDS, Krebs etc.), die Promiskuität führt zu zahlreichen Verwicklungen, die Gier (ein Brief von Prinz William an seine Mutter wird als Sammlerstück gejagt, ein Baby wird verkauft), die disfunktionale Familie im Allgemeinen sorgen für Verwicklungen, die durchaus komisch sind und wie eine Filmgroteske abgehandelt werden.
Für mich war es fast zu viel des "Guten"; immer wieder verlor ich den Lesefaden, und das nicht etwa, weil ich das Buch so nebenbei gelesen hätte. Für Couplands Universum muss man offensichtlich einen guten Moment – oder ein gutes Alter - erwischen. Immerhin waren meine jugendlichen Testleser/-innen deutlich mehr begeistert von dem Buch als ich. Das kann ja auch als Empfehlung gewertet werden.