Adrian Mole: The Cappuccino Years
"Somebody called Eric Blair had inscribed Orwell's Homage to Catalonia: 'To Archie, Best wishes, Eric Blair'." (p. 313)Für mich ist diese Stelle der Inbegriff des Erfolgs der Mole-Bücher. Adrian, mittlerweile fast 31, ist der selbe Zwangsneurotiker, der selbe Analfixierte, der selbe selbstgerech ...
"Somebody called Eric Blair had inscribed Orwell's Homage to Catalonia: 'To Archie, Best wishes, Eric Blair'." (p. 313)
Für mich ist diese Stelle der Inbegriff des Erfolgs der Mole-Bücher. Adrian, mittlerweile fast 31, ist der selbe Zwangsneurotiker, der selbe Analfixierte, der selbe selbstgerechte Halbgebildete geblieben, der er schon mit 133/4 war. Und wir, die Leser/-innen sind die selben Bildungsbürger/-innen geblieben, die über die Blair/Orwell-Stelle lachen können (hoffentlich!). Und genau das ist es auch, was die verbreitete Mole-Klassenlektüre so fraglich macht; man muss schon ein gutes Stück Landes- und Kulturkunde sein Eigen nennen, um all die Anspielungen verstehen zu können. Natürlich kann ich mir denken, dass A. A. Gill halt irgendein Restaurantkritiker ist, der Adrians Kochversuche im politically incorrrect Lokal Hoi Polloi verreißt, aber wer Gills Kolumnen in der Sunday Times kennt, wird's eben noch witziger finden. Derlei Beispiele sind Legion, aber Townsend zeigt, dass Bücher eben auf verschiedenen Ebenen gelesen werden können; ich bleib dabei: Die Anglophilen haben mehr davon.
Sie haben mehr von Pandoras Karriere bei New Labour (das Buch beginnt am 1. Mai 1997); sie haben mehr von Adrians lächerlichen Versuchen, Schriftsteller zu werden; seinem Scheitern als Koch; seinem Scheitern als Fernsehkoch; seinem Scheitern als Kochbuchautor. Aber es können natürlich alle durch seine Selbstgerechtigkeit, seine Aufgeblasenheit, aber auch durch sein ehrliches Bemühen um seine zwei Söhne unterhalten werden; es können alle bei der soap opera, die Adrians und Pandoras Eltern liefern, mit lachen. Und es können alle Pandora in Aktion in ihrem Wahlkreis Ashby de la Zouche (great Scott!) bewundern.
Townsend macht sich obendrein über zahlreiche aktuelle Ereignisse lustig; sie dokumentiert nicht nur Labours Wahlerfolg, sondern auch die Reaktion auf den Tod von Lady Di. Sie verteilt Seitenhiebe auf Schickeria, Mediengesellschaft und Bildungssystem; sie nimmt auf Helen Fielding ebenso Bezug wie auf Arabella Weir. Und dass Barry Kent mittlerweile ein berühmter Schriftsteller und Mrs Kent Parlamentssekretärin ist, zeigt, dass jemand wie Adrian in einer mobilen Gesellschaft doppelt keine Chance hat.
Wie immer ist auch dieses Mole-Buch unterhaltsam und lässt doch Tragik durchschimmern. Wie immer lässt sich das genießen; wie immer kann man es als zu lang empfinden oder schweren Herzens von unserem Tagebuchschreiber Abschied nehmen. Wie immer dürfen wir mit einer Fortsetzung rechnen.