"Dorris, leider 1997 verstorben, tauchte hier schon einmal auf (November 1992 mit "The Broken Cord"), und in LISA finden Sie eine Besprechung des prequels zu diesem Buch ("The Window").

Drei Strähnen webt Aunt Ida am Schluss des Buches und drei Erzählstränge sind es, die hier miteinander verwoben werden. Es beginnt die 15-jährige Rayona; Tochter einer American Indian und eines Schwarzen; es folgt die Mutter, Christine (41), die schwerkrank in das Reservat zu ihrer (vermeintlichen) Mutter, Tante Ida, zurückkehrt; der dritte Teil wird von Ida bestritten.
Es ist eine bisweilen verworrene Lebensgeschichte, die die drei Frauen präsentieren, mit viel persönlicher Schuld (Christine hat ihren Bruder Lee in den Vietnamkrieg getrieben, in dem er fiel), mit vielen Geheimnissen (nur Lee ist Idas Kind), mit vielen persönlichen Problemen (die Ehe Christines mit Elgin), voll von ungeschriebenen Gesetzen (Reservat) und zum Teil absurden Americana (Mitglied auf Lebenszeit im Videostore um nur 99 Cent).
Aus all diesen Ereignissen steigt Rayona, allein schon wegen ihrer Hautfarbe misstrauisch-interessiert beobachtet, noch immer erstaunlich unversehrt, voll Hoffnung und Selbständigkeit hervor. Dem (Ver)Schweigen um sie herum hat sie Interesse, Offenheit und positive Kraft entgegenzusetzen - und wie schon im erst später geschriebenen "The Window" ist sie eine äußerst sympathische Heldin.
An Christines und Idas Schicksalen hingegen zeigt sich, dass die Gegenwart - und vermutlich auch die Zukunft - mit der Vergangenheit untrennbar verbunden sind und wir unserem so genannten Schicksal nicht entgehen können.

Dorris hat erzählerisch sehr schön mit diesen Dreier-Verflechtungen gespielt und mit "A Yellow Raft in Blue Water" (ein schönes Bild übrigens) ein multi-kulturelles Buch auf einer eher personen- als ideenbezogenen Ebene geschrieben. Gleichzeitig finden wir, vor allem in Rayonas Erzählung, einen sehr gut beobachteten amerikanischen Alltag mit seinen (für uns) leichten Absurditäten. Ein lesenswerter Roman."