A Short History of Tractors in Ukrainian

Lewyckas Erstling hat sich binnen kürzester Zeit zum Kultbuch entwickelt, nicht zuletzt deshalb, weil der Titel natürlich neugierig macht. Und ja! Wir erfahren etwas über Traktoren in der Ukraine! Verfasser ist der jüngst verwitwete 84-jährige Nikolai, der aus der Ukraine stammt, aber seit Krieg ...

Lewyckas Erstling hat sich binnen kürzester Zeit zum Kultbuch entwickelt, nicht zuletzt deshalb, weil der Titel natürlich neugierig macht. Und ja! Wir erfahren etwas über Traktoren in der Ukraine! Verfasser ist der jüngst verwitwete 84-jährige Nikolai, der aus der Ukraine stammt, aber seit Kriegsende mit seinen beiden Töchtern und der verstorbenen Ehefrau ein Haus in Peterborough bewohnt hat. Die Töchter, Vera und Nadezhda (die Erzählerin), leben mittlerweile ihr eigenes Leben und sind sich nach dem Tod der Mutter ziemlich entfremdet. Nun aber haben sie plötzlich wieder eine gemeinsame Aufgabe: Ihr "Pappa" will sich neu verheiraten, und zwar mit einer üppigen, blonden Ukrainerin von 34 Jahren, die in diese Ehe nur Ansprüche, einen Sohn und – eine Botticelli-Figur mitbringt. Es beginnt der Kampf der Töchter gegen den Eindringling, der offensichtlich dabei ist, Pappa zu ruinieren. Der sieht das allerdings nicht so – und alsbald wird die Ehe geschlossen, von der sich Valentina eine Dauer-Aufenthaltsgenehmigung erhofft. Da wird nun von allen Seiten intrigiert, bald sieht man sich – zwecks Scheidungsgesprächen oder Deportation – vor Gericht wieder, aber auch das löst noch längst nicht alle Probleme. Als schließlich Valentinas Mann, der wie Pappa Nikolai einen tieferen Sinn für das Ingenieurswesen hat, auftaucht, wird die ganze vertrackte Affäre auch nicht einfacher. Mit allerlei Turbulenzen taumeln wir aber schließlich einem (vorläufig?) einigermaßen glücklichen Ende entgegen.

Was eine mäßige Familiengeschichte sein hätte können, wird in Lewyckas Händen zu einer skurrilen, witzigen, das Universum nahezu auf Peterborough reduzierenden Farce. Dass Nadia immer wieder mit ihrem Mann aus Cambridge herbeieilen muss, um ihren Vater – oft gegen seinen Willen – zu retten, löst das Peterboroughsche nicht auf. Einzig und allein die Rückblenden, die den Satz "Was wir sind, das hat lange vor uns begonnen" illustrieren, verleihen der Geschichte einen ausufernden Charme, dem man sich schlecht entziehen kann. Aber auch das "broken English", das zB Pappa und Valentina sprechen, trägt zum Reiz des Buches bei; schlussendlich aber sind es die (leider eher seltenen) Stellen, die sich mit der Traktorengeschichte befassen, die dem Romans seine Unverwechselbarkeit verleihen. (Zum Trost für die Kürze finden sich allerdings im Anhang ein paar relevante Websites.) Und mit Pappa Nikolai hat Lewycka natürlich eine Figur geschaffen, von der man mehr hören möchte und die durch Nadias Erzählstil auf liebenswert-kauzige Weise repräsentiert wird. Empfehlung!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.05.2005
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/gegenwartsliteratur/detail/a-short-history-of-tractors-in-ukrainian.html
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