A Closed Book
Ein weltberühmter Schriftsteller ist nach einem Unfall nicht nur erblindet, er sieht auch schrecklich aus, ist augenlos im wortwörtlichen Sinn. In einem Inserat sucht er nach einem amanuensis, nach jemandem, der ihm die Augen ersetzt, damit er seine Memoiren schreiben kann. Es meldet sich John R ...
Ein weltberühmter Schriftsteller ist nach einem Unfall nicht nur erblindet, er sieht auch schrecklich aus, ist augenlos im wortwörtlichen Sinn. In einem Inserat sucht er nach einem amanuensis, nach jemandem, der ihm die Augen ersetzt, damit er seine Memoiren schreiben kann. Es meldet sich John Ryder bei Paul, der offensichtlich die rechte Mischung aus Unbedarftheit und guten Willen zeigt und obendrein bereit ist, die vielen Idiosynkrasien Pauls zu ertragen. Sie gehen auch rasch an die Arbeit, aber immer wieder zeigen sich kleine Unstimmigkeiten, immer wieder ist Paul misstrauisch. Als John ihn "hinters Licht führt", verzeiht er ihm dennoch, da er allmählich eine gewisse Abhängigkeit in Kauf zu nehmen bereit ist. Doch eines Tages führt Paul ein Telefongespräch, das seine Haltung zu John verändert. Nun ist es an John, Paul zu sagen, wer er wirklich ist.
Adairs Roman ist natürlich ein Spiel mit Wahrheit, ein Spiel zwischen dem Blinden, der oftmals Ungeahntes 'sieht', dem Sehenden, der vielleicht etwas 'übersieht' (wie das gleichsam offene Ende vermuten lässt). Das Buch bezieht seine Spannung aus dem Schwebezustand, den es erzeugt: Wie glaubwürdig ist John, wie sehr können wir Paul vertrauen? Gibt es eine Verbindung zwischen den beiden, die wir nicht kennen? Was ist die Bedeutung der langen Passagen, die Paul dem Mac-gewandten John diktiert? etc. etc.
Was aber tatsächlich an diesem Roman besticht, ist die Erzähltechnik: Es handelt sich (von ein paar Aufzeichnungen Pauls abgesehen) um einen reinen Dialogroman. Das ist nicht nur eine Seltenheit in der Literatur, das ist überdies ein windfall profit für (non-native) Leser/-innen, denn die Technik macht das Buch ausgesprochen leicht zu lesen. Deswegen und wegen der einigermaßen spannenden Geschichte sowie wegen der wirklich raren Erzähltechnik kann ich das Buch reinen Gewissens als ein Beispiel für Gegenwartsliteratur anführen, das Sie Ihren Schülerinnen und Schülern in die Hand drücken können ohne sie mit Ihrem Leseansinnen zu überfordern.