Two Old Women

"Von der Kälte lese ich, im Warmen sitzend, besonders gerne, beispielsweise bei Ransmayr, Nadolny, vor allem aber bei J. Rytchëu. Auch in diesem Büchlein lässt sich vortrefflich von der Kälte lesen. Der Untertitel erzählt auch schon einen Gutteil der Geschichte: "An Alaska Legend of Betrayal, Co ...

"Von der Kälte lese ich, im Warmen sitzend, besonders gerne, beispielsweise bei Ransmayr, Nadolny, vor allem aber bei J. Rytchëu. Auch in diesem Büchlein lässt sich vortrefflich von der Kälte lesen. Der Untertitel erzählt auch schon einen Gutteil der Geschichte: "An Alaska Legend of Betrayal, Courage and Survival". Die Legende stammt von den Athabasca Indianern, die in der Gegend des Yukon umherzogen, stets auf der Jagd nach Nahrung, um das Überleben zu sichern. In einem besonders harten Winter werden zwei alte Frauen des Gwich'in-Stammes ausgesetzt, da sie nicht mehr ernährt werden können. Anstatt sich in ihr - nicht gar so seltenes - Schicksal zu fügen, nehmen die beiden Frauen den Kampf ums Überleben auf. Sie schleppen sich zu einem alten Quartier in der Nähe eines Flusses, kommen wieder zu Kräften, sammeln erneut Wintervorräte und sind, als Späher des Stammes sie wiederfinden, wohlauf - ganz im Gegensatz zum Stamm selbst, der nach wie vor mit dem Hunger kämpft. Allmählich bahnt sich eine Versöhnung zwischen den beiden Frauen und dem Stamm an.
Hervorzuheben ist, dass nicht nur den Stamm Verschulden trifft; die beiden Frauen haben zu sehr auf die Vorrechte des Alters gepocht, waren quengelig und pampig geworden; auch sie sehen ein, dass sie Fehler gemacht haben.
Das Buch entführt in eine uns völlige fremde Welt und wird durch die einfache Beschreibung dieser Welt und des Überlebenskampfes in ihr spannend. Gleichzeitig spart es nicht mit wichtigen Botschaften über das Zusammenleben - nicht umsonst wurde die Geschichte über Generationen weitergetragen. Wallis erzählt klar und geradlinig und beweist, dass eine gute Geschichte keine oder nur wenige Schnörksel braucht. Das scheint mir umso bemerkenswerter, als ich gerade Robert Schneiders ärgerlich-schlechtes Buch "Die Luftgängerin" gelesen habe, in dem der Autor versucht, Dichter zu sein, und dies durch Sprachplattheiten signalisiert. "Two Old Women" hingegen zeigt, dass Erzählen ohne Sprachverkrampfung immer noch ein gangbarer Weg ist, gute Literatur zu schreiben."

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/erzaehlung/detail/two-old-women.html
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