Eine mythische Geschichte, getaucht in magischen Realismus, voll seltsamer Charaktere, voll Höhen und Tiefen, Siegen und Niederlagen, voll von unaussprechlichen Namen.
Der wirklich gelungene Charakter ist allerdings Pampa Kampana. Wir schreiben das 14. Jahrhundert und die neunjährige Pampa muss miterleben, wie ihre Mutter den freiwilligen Feuertod erleidet. Pampa landet bei einem etwas zwielichtigen Einsiedler, und mit 18 Jahren gründet sie die südindische Stadt Bisnaga, eine mächtige und schöne Stadt, gesät von zwei Hirten. Kampa erfindet für die Bewohner/innen spezifische Vergangenheiten und ist fortan bestrebt, dass die Frauen mit den gleichen Rechten aufwachsen wie die Männer. Außerdem ist sie gewillt, Fremden Zutritt zu verschaffen (ein Portugiese wird ihr Liebhaber) und das größtmögliche Glück für alle anzustreben. Dafür ist auch religiöse Toleranz unabdingbar.
Da Kampa 247 Jahre alt wird, erfährt sie, dass gegen die menschliche Unvernunft und Gier letztendlich kein Kraut gewachsen ist. Auf Aufstieg folgt Fall, auf Toleranz Engstirnigkeit. Rushdie fabuliert dahin, dass es eine Freude ist, Könige und Königinnen wechseln einander ab, Schlachten und Scharmützel begleiten sie. Nur Kampa ist ein fester Bestandteil im Geschehen, zumal sie trotz ihres Alters ihr jugendliches Aussehen bewahrt.
Rushdie gibt vor, ihre Geschichte, die ein langes, wiederentdecktes Poem ist, hier neu zusammenzufassen, wenn auch nur auf unzulängliche Art und Weise. Immerhin beschert er uns damit einige Stunden Lesevergnügen, Belehrungen zu politischer und religiöser Beschränktheit inklusive.

London: Jonathan Cape 2023; pp. 338