Triggered Literature
Autor SUTHERLAND, John
Verlag London: Biteback Publishing 2023
Der Untertitel zeigt schon auf, was uns erwartet: Cancellation, Stealth Censorship and Cultural Warf
Mittlerweile ist es ja so, dass die empfindsame studierende Jugend bisweilen mehrere Dutzend an ‚trigger warnings‘ bedarf, damit sie sich nicht unwohl fühlt. Dass ein Buch wie eine Axt sein muss (Kafka) oder dass Lesen mehr ist als das Betrachten einer eingeschalteten Waschmaschine (Ich), geht leider in den Warnungen unter.
Dabei hat schon Shakespeare im Mittsommernachtstraum die Triggerei aufs Korn genommen. Damit etwa die Damen sich nicht erschrecken mögen, wenn z. B. der Löwe in „Pyramus und Thisbe“ brüllt, wird vorher erklärt, dass der Löwe nicht echt ist. Das sorgt für Kurzweil, aber wenn „Romeo and Juliet“ getriggert wird, weil Drogen vorkommen, ist das schon weniger lustig.
Sutherland meint: „I, personally, can live with triggering if done properly.” Dann aber entführt er uns zu zahlreichen Beispielen, wo dies nicht ‚properly‘ geschieht.
Shakespeare, Jane Austen, Charles Dickens, Mark Twain – alle getriggert. Sutherland zitiert dazu den Aufruhr der (eher rechten) Presse, er selbst hält sich vornehm zurück. Aber wenn man sich alle seine ‚case studies‘ ansieht, dann wird doch offensichtlich – was vor einem Jahrzehnt in den US begann, hat seine eigene Verrücktheit. Wenn wir noch dazu die (privaten) Äußerungen von Autoren (ja, vorwiegend; obwohl: Austen wohnte kolonialistisch, oder?) unter die Lupe nehmen und meinen, diese verschandeln auch das Werk, na dann, good bye, Dickens und Larkin und Caravaggio undundund.
Wie auch immer Sie zu der Sache stehen, das Buch lohnt, bei allem Eiertanz, die Lektüre.Und ich frage mich, wann in Medzinlehrbüchern eine Triggerwarnung steht. Oder wann bei der Geschichte der Tierhaltung? Oder wann überhaupt? Unwohlsein ist in.
P. S. Weder „Triggered Literature” noch diese Zeilen wurden von einem ‚sensitivity reader‘ gelesen. So viel nur als Warnung.
pp. 253 (Sachbuch)