Timequake

"Zu meinen Lieblingsbüchern zählen die zwei Bände von Haefs: "Das Handbuch des nutzlosen Wissens". Da lässt sich blättern und blättern, und je mehr man blättert, desto deutlicher merkt man, wie viele Nebensächlichkeiten und Unsinnigkeiten eigentlich miteinander verknüpft sind. So it goes! Vonneg ...

"Zu meinen Lieblingsbüchern zählen die zwei Bände von Haefs: "Das Handbuch des nutzlosen Wissens". Da lässt sich blättern und blättern, und je mehr man blättert, desto deutlicher merkt man, wie viele Nebensächlichkeiten und Unsinnigkeiten eigentlich miteinander verknüpft sind.
So it goes!

Vonnegut war immer ein Meister im Ausbreiten des echten und des tatsächlich Ephemeren. Er trifft einen John Hickenlooper - und lo and behold! - es ist der Sohn seines Studienkollegen vor mehr als 50 Jahren, und Kurt weiß mehr über den alten John (der früh verstorben ist), als sein eigener Sohn. So plätschert alles vonnegutisch-anekdotenhaft dahin, und ich fürchte, einiges davon war schon in "Fates Worse Than Death" (das ich leider ausgelassen habe, zu dem mir aber drei Geschichten einfallen - neinnein! ich hör schon auf zu vonnegutisieren!).
Macht nichts - "Timequake" ist ja auch kein Roman, sondern der Rest von Timequake I, ein Buch, das Vonnegut so wenig gefallen hat, dass er das meiste davon wegwarf.
In diesem Überbleibsel geht es darum, dass ein Timequake im Jahre 2001 die Menschheit um 10 Jahre zurückwirft und alles noch einmal, ohne dass ein Jota verändert werden könnte, durchlebt werden muss. Als dann der Timequake zu Ende ist, bricht Chaos aus, weil alle noch auf Autopilot funktionieren. Alle? Fast alle. Eine der rühmlichen Ausnahmen ist Kilgore Trout, der große SF-Autor, der uns Vonnegut-Leser/-innen ein Leben lang begleitet hat. Und das tut immer gut - Kilgore wiederzutreffen, zumal es, so sein alter ego Vonnegut, das letzte Mal sein wird, denn kein weiteres Buch ist geplant (und Trout stirbt 2001).
"Timequake" ist die snippet-Literatur eines großen alten Mannes, dessen Erzählweise immer unverwechselbar war; es enthält nicht Neues, das Anekdotische ist beliebig, austauschbar, wehmütiger vielleicht als sonst. Künftige Literaturwissenschaftler/-innen werden es lieben, denn es lässt sich zitieren: Was hat Grass zu V. gesagt, was hat V. zu Dick Francis gesagt, was - in all dieser Bedeutsamkeit - hat Hickenlooper gesagt.
Vonnegut-Komplettisten/-innen wissen, warum sie das Buch kaufen. Alle anderen warten auf die Taschenbuchausgabe oder lesen zumindest "Slaughterhouse 5" (noch einmal)!"

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/detail/timequake.html
Kostenpflichtig
nein