The Polymath

Autor BURKE, Peter

Verlag London: Yale University Press 2020

Übersetzt wurde der Titel mit „Giganten der Gelehrsamkeit: Die Geschichte der Universalgenies“; das hat schon seine Berechtigung, aber Polymath engt es doch ein bisschen ein, weil es im Griechischen bedeutet: “having learned much“.

Da muss ich nicht überall ein Genie sein, außer es gilt Nestroys Definition: Von allem ein bissl was und nix Gscheits.

Was wir mit Sicherheit sagen können: Die Universalgenies sind vorwiegend männlich. Von den 500, die im Anhang angeführt werden, sind etwa 10% weiblich. Auch im Text werden die Frauen eher hineingequetscht (ein Halbsatz zu Ada Lovelace etc.). Nur dort, wo Burke die Gegenwartsfrauen aufzählt (aber nur aufzählt), schaut es schon ein bisschen besser aus.

Wie auch immer: Burke hat ja mit seiner zweibändigen „Social History of Knowledge“ schon umfangreiche Grundlagenforschung geleistet, und so ist hier ein kenntnisreiches Buch mit viel name- and title- dropping entstanden. Das macht auf jeden Fall neugierig (ich habe gleich die Leibniz-Monografie und ein Buch über ‚Orientalist Jones‘ nachgelesen), das vermittelt einem aber auch das Gefühl, was du doch für ein Depp bist. Caramuel y Lobkowitz hat z. B. 24 Sprachen gesprochen, Diderot hat zwar ein paar Hundert Artikel zur ‚Encyclopédie‘ beigetragen, aber Louis de Jancourt über 18,000. Da könnte sich die Wikipedia freuen.

Der Untertitel des Bandes lautet: „A Cultural History from Leonardo da Vinci to Susan Sontag”. Und da scheint es nur passend, auf das Leonardo-Syndrom hinzuweisen, das darin besteht, dass man unglaublich viele Projekte beginnt, aber nur wenige fertig stellt, etwas, das auch z. B. Leibniz verfolgt hat, auch wenn dieser meinte, Ruhe sei eine Stufe der Dummheit.

Burke verwöhnt uns also mit einer Überfülle an Details, vornehmlich der westlichen Zivilisation, auch wenn es ein paar Verbeugungen vor der chinesischen etc. gibt. 37 Seiten kleingedruckter Fußnoten zeigen uns, dass auch Burke selbst auf jeden Fall ein fleißiger Autor ist, der, wie wir aus seinen Publikationen wissen, heftig diversifiziert. Summa summarum also: Ich habe das Buch mit Vergnügen gelesen und dabei gelernt: Ich hätte halt auch mit vier Jahren Hexameter schreiben sollen, statt am Waldspielplatz herumzutollen. Als Trost bleibt mir, dass einmal in einer Schulzeitung über mich stand: Vorteile: Weiß alles. Nachteile: Weiß alles. Schön wär’s.

pp. 327

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.06.2021
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/detail/the-polymath.html
Kostenpflichtig
nein