"My name was Salmon, like the fish; first name, Susie. I was fourteen when I was murdered on December 6, 1973." Mit diesem Geniestreich beginnt Sebolds erster Roman, der uns davon erzählt, wie Susie von einem Serienkiller, einem Nachbarn namens Harvey, ermordet wird und wie die Familie (ihre Eltern, ihre beiden Geschwister, die Großmutter) und ein trauriger Polizist, aber auch Susies Freundinnen und Freunde mit diesem schrecklichen Ereignis umgehen. Sebolds Idee, den Vorfall und die Lebensgeschichten, die dadurch beeinflusst werden, von Susie erzählen zu lassen, ist der erste großartige Einfall. Ihr die Möglichkeit dazu zu geben dies aus ihrem persönlichen Himmel, den sie erschaffen und verändern kann, zu tun, ist die zweite bemerkenswerte Grundidee, die diesen Roman zu einem kleinen Meisterwerk macht. Susie muss beobachten, wie ihre Eltern an ihrem Tod auf unterschiedliche Weise zerbrechen, wie ihr erster Kuss von einer Freundin eingelöst wird, wie die Jagd nach Mr Harvey immer wieder im Sand verläuft – aber Sebold hat für alle einen Schicksalsfaden bereit, und wenn auch der Schluss ein bisschen viel an geballten Fäden bereithält und zu vieles miteinander versöhnt, so bleibt es doch ein bisweilen sehr grimmiger, vor allem aber ein sehr, sehr trauriger Roman. Sebold hat es, nicht zuletzt dank ihrer erzähltechnischen Kunstgriffe, geschafft, über den ganzen Roman einen Schleier von Traurigkeit zu legen, obwohl mit einer Leichtigkeit, die dem Thema fast nicht angemessen erscheint, erzählt wird. Der Leser/die Leserin wird in eine sehr ambivalente Lesehaltung gedrängt, in jedem Fall aber in eine Weiterlese-Haltung, denn man kann immer wieder durch Susies Allwissenheit überrascht werden, man kann an der Jagd nach Harvey teilnehmen, man kann schließlich die Einzelschicksale mitverfolgen, und am Ende hat man das Gefühl, mit diesem Roman noch viel mehr bekommen zu haben, als er ohnehin verspricht. Lesenswert!