The House of Sleep

"Vielleicht erinnern Sie sich noch an meine Lobeshymne für Coes "What a Carve Up!" (NEWSLETTER vom Juni 1995), vielleicht haben Sie sogar meine Empfehlung berücksichtigt. Wenn ja, dann werden Sie "House of Sleep" sicherlich auch lesen wollen, wiewohl...Wiewohl das Buch in mir den Eindruck hinter ...

"Vielleicht erinnern Sie sich noch an meine Lobeshymne für Coes "What a Carve Up!" (NEWSLETTER vom Juni 1995), vielleicht haben Sie sogar meine Empfehlung berücksichtigt. Wenn ja, dann werden Sie "House of Sleep" sicherlich auch lesen wollen, wiewohl...
Wiewohl das Buch in mir den Eindruck hinterlassen hat, ich habe eine wichtige Verbindung, einen feinen Subtext, eine Arabeske zwischen den Ereignissen übersehen. In gewisser Weise ist es eine relativ einfache Geschichte, die Coe erzählt. Der Schlafforscher Dr Dudden 'versammelt' in seiner Klinik Ashdown ein paar interessante Charaktere; manche von ihnen waren - so wie er selbst - vor 12 Jahren in Ashdown, als es noch Teil der Universität war. In vielfältigen Verknüpfungen verfolgen wir die Schicksale der damaligen Studenten Gregory, Robert, Terry und der Narkoleptikerin Sarah. Aber gerade was Coe an Verknüpfungen präsentiert, macht die Dichte des Buches aus. Bis zur Künstlichkeit verstricken wir uns im Geschehen, das zwischen den Jahren 1983-84 und 1996 hin- und herpendelt. Parallel zu den Schlafphasen (Awake, Stages 1-4, REM Sleep) geraten wir immer tiefer in ein Geschichte, in der viel (fast zu viel) signifikant wird. Terrys Schlaflosigkeit und die Jagd nach einem Film nehmen (über ein 'gerettetes' Bild) fast mythische Dimensionen an, Sarahs Narkolepsie und ihre Beziehung zu Gregory, die jäh endete und einer Beziehung zu Veronika wich, erhält nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern erfährt eine überraschende psycholinguistische Deutung, die einem Arno Schmidt zur Ehre gereicht hätte. Schließlich aber ist es Roberts Schicksal, der ob seiner unglücklichen Liebe zu Sarah die größte Transformation erfährt und dem offenen Ende fast zuversichtlich entgegengeht.
Ich will hier nicht verraten, in welcher Weise die Personen und Ereignisse wirklich zusammenhängen, aber so viel sei gesagt: Coe, schon in "What a Carve Up!" ein Meister des Pastiche, aber auch des Verwirrens und Verknüpfens, schreibt Liebesgeschichte genauso wie Zeitsatire, er präsentiert uns (wieder) die Welt des Films und die des mad scientist (selbst wieder ein Filmtopos). Das Selbstreferentielle, das Spiel mit Versatzstücken aller Art schafft ein Buch, das einerseits (schon allein wegen der Wechseltechnik des Erzählens) eine spannende Geschichte bietet, andererseits Aufmerksamkeit über die Erzählung hinaus verlangt, um allen Querverbindungen folgen zu können. "And all at once this memory of the past reached into the present, colouring it, transforming it..." heißt es an einer Stelle. Was Wunder, dass man dabei den Erzählfaden ordentlich festhalten muss und sich bisweilen wundert, ob da nicht ein bisschen viel Reißbrettarbeit dahintersteckt. Dennoch sollten Sie dieses klug erzählende Buch beachten und sich Coe als einen wichtigen Gegenwartsschriftsteller merken. Ja, ich würde sogar so weit gehen und "The House of Sleep" im Anschluss an die "Dreams"-Unit in MYW 7 einem oder einer literaturbesessenen Siebzehnjährigen in die Hand drücken."

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/detail/the-house-of-sleep.html
Kostenpflichtig
nein