Da haben die drei Haupthelden, die Brüder Jewett, ja noch einen relativ hohen Sympathiewert. Cane, Cob und Chimney (der ist erst um die 17) beschließen nach dem Tod ihres Vaters, einem religiösen Spinner, nicht mehr dem entbehrungsreichen Landarbeiterleben zu folgen, sondern ihrem Lieblingsbuch (ihr einziges Buch), „The Life and Times of Bloody Bill Bucket“. Lesen kann übrigens nur Cane, der gerne das Leben eines Gentlemans führen würde; Cob ist geistig zurückgeblieben, ein gutmütiger Vielfraß. Und Chimney weiß nicht, ob er gut oder böse sein soll – und ist daher beides. Das Banditenleben der drei Brüder wird bald zur Nationallegende, das Kopfgeld steigt, das Leben wird riskanter.

Mit dem Leben der drei verbunden sind zahlreiche andere Geschichten von Säufern, Drückebergern, Serienmördern, Soldaten, Außenseitern, Zuhältern, Billigprostituierten, Verlierern – you name it. In alternierenden Kapiteln führt uns Pollock (s. Archiv für sein großartiges „The Devil All the Time“) ein Scum-Panorama vor, das seinesgleichen sucht. Gleichzeitig muss man zugestehen – auch diese Verlierer und Kaputniks wollen ganz einfach durchs Leben kommen, haben ihre spezifischen Wünsche und Träume. Am ehesten können sie aber wohl nur dem einfachen Gemüt zuteil werden – Cob, der an das himmlische Gastmahl glaubt, das ihnen der Vater stets als Trost beschreibt, ist mit einem großen Schinken glücklicher als jeder andere, der Vermögen besitzt.

Pollock steht in der großen amerikanischen Erzähltradition zwischen Southern gothic, Spätwestern und Gesellschaftspanorama, und auch seine Sprache zeigt unverwechselbare Meisterschaft. Mag sein, dass so eine Panoramabetrachtung manchmal ein bisschen erschöpfend wirkt, aber insgesamt ist das eine Lesereise, die sich wirklich lohnt.

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