The Fraud

Autor SMITH, Zadie

Verlag London: Hamish Hamilton 2023

In meiner Bibliothek steht „Old Saint Paul’s” von William Harrison Ainsworth, daher kann ich mich selbst davon überzeugen, wie ausufernd und kaum lesbar seine Bücher sind. In „The Fraud“ findet sich die erste Seite von „The Tower of London“, die diesen Eindruck nur bestätigt.

Smiths vielbejubelter Roman dreht sich ein bisschen um den durchaus selbstgefälligen Ainsworth, Autor von 41 vergessenen Romanen, wobei übrigens Dickens, Thackeray und Cruikshank, der Illustrator, auch nicht besser wegkommen.

Wir erleben die Zeit von 1830 bis 1870 mit, weniger aber wegen Ainsworth, sondern vielmehr wegen seiner Cousine und Geliebten Eliza Touchet. Eliza, die vieles zusammenhält und an vielem interessiert ist, spielt auch eine wichtige Rolle, damit eine weitere Zentralfigur des Romans gehört werden kann: Andrew Bogle, ein Schwarzer, der in Jamaica aufwuchs. Dort wurde er Bediensteter von Edward Tichborne, Onkel des vermissten Roger Tichborne. Um eben jenen Roger dreht sich ein Kernstück des Romans, denn ein Metzger namens Arthur Orton erklärte, der vermisste Tichborne zu sein. Dies führt zu einem jahrelangen und kostspieligen Prozess, bei dem sich die Bevölkerung spaltete: Die einen hielten Orton für einen Hochstapler (Touchet etwa), die anderen glaubten ihm (Bogle etwa, der als Zeuge für ihn auftrat.) (Orton wurde übrigens für schuldig befunden.)

Mrs Touchet entlockt Bogle seine Lebensgeschichte, die untrennbar mit dem Schrecken der Sklaverei verbunden ist. Seine erste Frau, Little Johanna, wird für drei Monate an eine Tretmühle gebunden (“until the trough beneath your feet filled with blood“). Gleichzeitig sehen wir durch Bogles Augen den absurden Widerspruch zwischen Armut und Reichtum, etwa dort, wo Tichborne und Bogle den sog. „Rembrandt Room“ im Schloss der Tichbornes aufsuchen.

Letztendlich wissen wir bei dieser komplexen und umfangreichen Geschichte nicht, wie viel Mrs. Touchet uns als Fiktion aufwartet und wie viel echter Bericht ist. Sie reiht sich also durchaus in die ‚frauds‘ ein.

Smiths historischer Roman späht nach vielen Seiten, etwa auch nach „Middlemarch“ und „Jane Eyre“. Er ist keine leichte Lektüre, es dauert seine Zeit, bis man durch ist. Und „The Fraud“ ist auch ein Musterbeispiel für einen Roman, der in zahlreichen Seminaren zerkaut werden kann. Aber auch unsereins kann daran Vergnügen finden.

pp. 464 (Gegenwartsliteratur)

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.02.2024
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/detail/the-fraud.html
Kostenpflichtig
nein