"Vergessen Sie die "Grecian urn", denn hier haben Sie den definitiven Keramikwarenroman vor sich. Ein sumerisches Gefäß landet in Rosas Londoner Wohnung. Rosa ist in der Kunstbranche tätig und lebt ereignislos - bis Gefäß und Nikki bei ihr einziehen. Nikki lebt gefährlich, verhökert Rosas Besitztümer, liebt unersättlich, wird mit dem Tod bedroht - sorgt für viele unruhige Tage. Das sumerische Gefäß hat das alles schon gesehen: Es beobachtet - und es ist auch Erzähler dieses Romans, denn erzählen kann es. Wann immer Rosa es streichelt, wartet es mit einer unglaublichen Geschichte auf. Scheherezade ist in anderer Form nach London gekommen. Das Gefäß hat viele Sammler gesammelt und weiß von vielen Vorfällen minutiös zu berichten.
Ich habe Fischers neues Buch mit Ungeduld erwartet, nachdem ich "The Thought Gang" (vgl. NEWSLETTER Mai 1995) mit so viel Vergnügen gelesen hatte - und ich wurde nicht enttäuscht. Die 215 Seiten hinterlassen tatsächlich das Gefühl, fast 1001 Nächte lang Geschichten gehört zu haben, noch dazu mit frischer Sichtweise auf das Treiben der lugals, denn wann erzählt schon ein Gefäß?
Gleichzeitig ist's natürlich fast schon eine Spur zu gerissen, künstlich, manieriert, überkandidelt. Fischer scheut auch vor keinerlei Spracheskapaden zurück und fordert von Leser und Leserin ein gerüttelt Maß an Ausdauer.
Dennoch habe ich mich ungern von diesem Universum verabschiedet, und insgesamt habe ich "The Collector Collector" eben wegen seiner Bizarrheit und seiner Erzählperspektive außerordentlich genossen."