The Coffee Trader

Robert Menasse hat uns mit "Die Vertreibung aus der Hölle" ins Portugal des 17. Jahrhundert und nach Amsterdam entführt – kundig, kontrastierend, Geschichten aus Jahrhunderten miteinander verwebend. Relativ viele haben das Buch gekauft, relativ wenige es tatsächlic ...

Robert Menasse hat uns mit "Die Vertreibung aus der Hölle" ins Portugal des 17. Jahrhundert und nach Amsterdam entführt – kundig, kontrastierend, Geschichten aus Jahrhunderten miteinander verwebend. Relativ viele haben das Buch gekauft, relativ wenige es tatsächlich gelesen.

Liss hat es da einfacher, denn ihn kümmert nicht das Schicksal des Rabbi Menasse (der kommt hier nur einmal vor), ihn kümmern keine komplexen geistesgeschichtlichen Verflechtungen – sein Anliegen ist es, eine erblühende Handelswelt zu schildern.

Amsterdam 1659. Der portugiesische Jude Miguel Lienzio lebt im feuchten Keller seines Bruders Daniel, nachdem ihm ein paar Geschäfte missglückt sind. Aber so einfach gibt Miguel nicht auf; gemeinsam mit der holländischen Geschäftsfrau Geertruid plant er einen Supercoup im Kaffeehandel, der sie beide reich machen soll. Und damit beginnt ein ungeheuerliches Verwirr- und Ränkespiel um Intrigen und Insiderhandel, Erpressung, Verfolgung, Betrug. Dazu gesellen sich private Verwirrrungen (welches Verhältnis hat nun Miguel zu seiner Schwägerin Hannah, welches zu Geertruid?) und alte Rachegelüste. Kein Wunder, dass Miguel bald niemandem mehr traut und lange nicht weiß, ob er eine Figur im Spiel ist oder doch ein Mitspieler.

Liss hat einen ziemlich spannenden Roman um Wirtschaft und Macht geschrieben, wobei die Unsicherheiten der Handelswelt dadurch erhöht werden, dass Fragen der Religion, der Minderheitenrechte sowie ein paar ungeschriebene Gesetze "business as usual" deutlich erschweren. Liss hat auch gründlich recherchiert (vgl. seine Literaturliste) und stellenweise bekommen wir einen faszinierenden Einblick in die damalige Welt. Dass dabei manche Sichtweise modern ist, dass manches ein bisschen zu gefällig abgehandelt wird, wollen wir einem historischen Roman gerne verzeihen. Romane aus der Welt der Genussmittel haben ja ihre eigene Faszination, und auch wenn nichts an Barths "The Sot-Weed Factor" heranreicht, so bieten viele dieser Romane doch ein doppeltes Vergnügen – Genussmittelgeschichte und Abenteuer. Recht so für Flughäfen und Leseecken.

 

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/detail/the-coffee-trader.html
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