Wir schreiben das Jahr 1920 und befinden uns in der Provence. Dort lebt „the master of light”, der bedeutende egomanische Künstler Edouard Tartuffe, Tata genannt, der einst mit Cezanne befreundet war, nun aber schon seit Jahrzehnten in der Einschicht bei Saint-Auguste lebt; mit ihm lebt seine junge Nichte Sylvette, Ettie gerufen, die sich um Tata kümmert, kocht, putzt, einkauft – vor allem für die Stillleben des Meisters. Ihre eigenen künstlerischen Ambitionen hat Tata ihr ausgeredet.

Dorthin komm der erfolglose englische Kunststudent Joseph Adelaide, der sich nun als Journalist versuchen möchte und des Einsiedlers Tata schöpferisches Geheimnis dokumentieren will. Tata akzeptiert ihn widerwillig und nur unter der Bedingung, dass er Modell steht. Wir verfolgen nunmehr das Leben der drei, die Wutanfälle Tatas, die scheu Beziehung zwischen Joseph und Ettie, die abwechselnd erzählen. Eine interessante Unterbrechung ist die Ankunft einiger lauter Amerikaner und einer Amerikanerin, die sich als Peggy vorstellt. Als sie ihre Visitenkarte übergibt, steht dort Peggy Guggenheim.

„The Artist“ ist natürlich doppelt zu verstehen – ist es Tat, ist es Ettie, sind es beide? Der Prolog nimmt (leider) die Antwort zum Teil vorweg; aber die Lebensläufe haben es trotzdem in sich und sind spannend zu lesen. Und über künstlerische Prozesse und die Benachteiligung von Frauen erfahren wir auch einiges. Mit großer Fingerfertigkeit hat Steeds einen überzeugenden Debutroman vorgelegt.

P. S. Die einzig verwunderliche Passage ist, wenn Ettie das Baguette schneidet (!). Ich dachte immer, darauf stünde Landesverweis.

pp. 304 (Gegenwartsliteratur)