Diesmal präsentiert uns Keegan eine Erzählung, die schon vorher unter dem Titel „Misgoynie“ auf Französisch erschienen ist.

Keegan schreibt sparsam, “I love to see prose being written economically”, sagt sie in einem Gespräch, dass Tschechow ein Vorbild ist, bestreitet weder sie noch die Kritik.

Hier entfaltet sich auf wenigen Seiten ein Charakterbild, in dem offensichtlich eine Grundhaltung irischer Männer verdichtet ist: Komplexe Missachtung der Frauen reduziert sich auf die Bezeichnung ‚cunt‘, und wenn der Protagonist Cathal von seinem Bruder getröstet wird, dann liest sich das bezeichnenderweise so: „Your better off without that French hoor.“
Wir begegnen Cathal bei seiner Heimreise vom Bürojob in Dublin. Er spielt nochmals in Gedanken seine Beziehung mit der französischstämmigen Sabine durch, die ihn fast geheiratet hätte. Er vergegenwärtigt sich ihre Extravaganz (sechs Euro für Kirschen, für Mineralwasser, ausgiebiges Duschen), ärgert sich über den Ring, den er gekauft hat und nun nicht mehr zurückgeben kann. All das sind Kleinigkeiten, aber sie entlarven Cathal als knausrigen Kleingeist, der nicht recht begreifen kann, was er falsch macht, und die Schuld der Frau, den Frauen, gibt. Allein mit seinem Hass, einer Flasche Champagner und einem Kuchen versucht er, nur oberflächlich, zu begreifen, warum ihm Sabine „so late in the day“ abgesagt hat.

Das erfolgt mit feinen Pinselstrichen und es lohnt sich, die Geschichte zwei Mal zu lesen, um diese feinen Striche auch würdigen zu können. Und wie bei Tschechow entfaltet sich gerade durch Kürze und Prägnanz eine viel größere Welt.

pp. 47 (Gegenwartsliteratur)