Quarantine


Eigentlich hat ja schon der Film "The Robe" (mit Richard Burton) meinen Bedarf an Geschichten um Jesus abgedeckt, aber Craces Buch ist nicht nur auf der Liste von The Modern Library, sondern hat auch den Whitbread Award gewonnen, sodass ich mich so vielen Empfehlungen nicht verweigern wollte; ...

 

Eigentlich hat ja schon der Film "The Robe" (mit Richard Burton) meinen Bedarf an Geschichten um Jesus abgedeckt, aber Craces Buch ist nicht nur auf der Liste von The Modern Library, sondern hat auch den Whitbread Award gewonnen, sodass ich mich so vielen Empfehlungen nicht verweigern wollte; froh bin ich darüber!

"Quarantine" ist ein faszinierendes Buch, zum einen wegen der Sprache, die großartige Bilder entstehen lässt, zum anderen wegen der Geschichte selbst, die gefangen hält, irritiert, verwirrt, mitleiden lässt.
In der Wüste Judäas, unweit von Jericho, liegt der fette und widerliche Kaufmann Musa im Sterben; seine geprügelte, missbrauchte, im 5. Monat schwangere Frau Miri überlässt ihn erleichtert seinem Schicksal und beginnt, ein Grab für ihn auszuheben. Da treffen die ersten vier Pilger ein, die 40 Tage und Nächte in den Felshöhlen verbringen wollen: Shim, der blonde Halbjude; Apha, ein sterbenskranker alter Mann; ein verrückter Bewohner Badus; Marta, unglücklich und unfruchtbar; ihnen folgt ein unbekümmerter junger Mann auf Gottsuche, ein Galiläer namens Jesus, von den anderen alsbald Gally gerufen. Er bittet den sterbenden Musa um etwas Wasser und wünscht ihm beim Weggehen baldige Genesung. Während sich die anderen in ihren Höhlen einrichten und Jesus eine besonders unwegsame Höhle sucht, genest Musa, erklärt sich zum Herrn der Gegend und fordert von den anderen Tribut. Zwei unmittelbare Ziele kennt er: Gally wiederzusehen und mit Marta zu schlafen. Die nächsten dreißig Tage sind diesen Unterfangen gewidmet; Gally stirbt und wird begraben, Marta wird von Musa vergewaltigt. Mit Ausnahme des Badu machen sich alle auf den Weg nach Jericho, doch Musa wird unterwegs zurückgelassen; Miri und Marta beschließen, fortan als Schwestern zu leben. Musa wird von einer Gruppe mitgenommen und hat eine letzte Vision: Er sieht Gally die unwirtliche Gegend verlassen.
Crace schildert eine fremde, z.T. verrohte Welt, eine Welt mit harschen Gesetzen; Crace schildert das Böse (Musa), das möglicherweise Teil jener Kraft ist, die doch das Gute schafft. Und am Rande dieser Welt schwebt eine unkomplizierte, aber hingebungsvolle Jesus-Figur, die all unsere Sympathie hat. Sein Tod, noch bevor die 40 Tage um sind, erstaunt und erschüttert, und ich war richtiggehend erleichtert ob der Vision, die Musa am Ende des Romans hat.
Diese schwebende Qualität, diese Mirage, die die Jesusfigur umgibt, diese Wahrnehmung durch ein Flimmern, prägt den ganzen Roman und macht seine Qualität aus. Der Realismus der Lebensraum-Darstellung ergänzt sich ungemein wirkungsvoll mit der Un-Fassbarkeit der Jesus-Figur und sorgt für ein ganz besonderes Leseerlebnis. Craces neuer Roman "Being Dead" steht schon ganz oben auf meiner nächsten Wunschliste.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/detail/quarantine.html
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