Motherless Brooklyn

"I'm tightly wound. I'm a loose cannon. Both – I'm a tightly wound loose cannon, a tight loose. My whole life exists in the space between those words, tight, loose, and there isn't any space there – they should be one word, tightloose." Das sagt der Erzähler in Lethems (Kriminal)Roman, Lionel Es ...

"I'm tightly wound. I'm a loose cannon. Both – I'm a tightly wound loose cannon, a tight loose. My whole life exists in the space between those words, tight, loose, and there isn't any space there – they should be one word, tightloose." Das sagt der Erzähler in Lethems (Kriminal)Roman, Lionel Essrog (alias 'Freakshow'), über sich selbst.

Lethem, der mit dem Roman u.a. einen Gold Dagger gewonnen hat, hat eine überaus interessante Erzählerfigur geschaffen, denn Lionel leidet am Tourette-Syndrom, d.h. unter zwanghaftem Verändern seiner Sprache und unter zwanghafter Gestik (andere beim Sprechen unentwegt berühren müssen etc.)

Erfreulicherweise hat sich Frank Minna, lokale Größe in Brooklyn, seiner angenommen (und auch drei weitere Leute aus dem Waisenhaus). The Minna Men, wie sie sich nennen, führen scheinhalber einen Autoverleih, verstehen sich aber als Detektive. Da wird eines Tages Frank ermordet (wir erleben das ausführlich-teichoskopisch mit), und nun sind die Minna Men auf sich gestellt. Lionel beginnt auf eigene Faust zu ermitteln und wandert durch ein Inventar an Krimi-Versatzstücken: zwei sinistre Italiener, ein buddhistisches Zentrum, wo Lionel eine Frau kennen (und fast lieben) lernt; ihm auf den Fersen oder ihn meidend sind: Julia Minna, die kaltblütige Blondine, ein polnischer Riese (S. Greenstreet gar?), Tony, der Freund, dem nicht zu trauen ist, noch ein paar sinistre Japaner...

Stolpert die Geschichte auch manchmal so dahin wie Lionel selbst, so punktet Lethem, ein neues amerikanisches Talent, wie schon oben gesagt, durch die Figur seines Erzählers, denn das Tourette-Syndrom erlaubt nicht nur allerlei sprachliche Verballhornungen und Überraschungen, sondern es macht die ganze Figur unberechenbar im Erzählen und im Handeln. Gleichzeitig erleben wir mit, wie Lionel versucht, Tourette zu entschärfen, es für ihn bewältigbar zu machen, sodass er der Umwelt bei seiner Suche entsprechend gegenüber treten kann.

Kurzum: Ein erzählerisches Bravourstück, wenn auch als Krimi nicht herausragend. Neuland auf jeden Fall, dieses "Motherless Brooklyn".

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
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