Lapvona

Autor MOSHFEGH, Ottessa

Verlag London: Jonathan Cape 2022

Moshfegh ist dafür bekannt, dass sie vor grauslichen Szenen nicht zurückschreckt, und auch hier bedient sie das Publikum mit solchen: Ein Auge tritt aus der Augenhöhle, eine Leiche wird zerstückelt und gebraten, Körpersäfte fließen, wo sie sonst nicht fließen.

Aber das sind nur Einzelheiten in einer geschlossenen und mit Überraschungen versehenen Erzählung.

Lapvona ist ein unwirtliches mittelalterliches Anwesen, von einem kindisch-gefährlichen Tyrannen, Villam, regiert, der von einem genusssüchtigen Priester (Barnabas) unterstützt wird. Erzählt wird vorwiegend die Geschichte von Little Marek, dem angeblichen Sohn von Jude, dem hiesigen Schafhirten, und Agata, die als Zwölfjährige von ihrem Räuberbruder geschwängert und dann von Jude gleichsam als (Sex)Sklavin gehalten wurde. Nach der Geburt von Marek, der verwachsen und auf absurde Weise religiös ist, verschwindet sie. Marek tröstet sich bei Ina, einer blinden, alten Frau, die schon das ganze Dorf gesäugt hat. Von ihr gesäugt zu werden, gibt beiden Kraft.

Mehr durch Zufall als mit Absicht tötet Marek Villams Sohn; den kümmert es nicht gar so sehr, er nimmt Marek an seiner Statt an. Es folgen Szenen von absurder Grausamkeit und unfreiwilliger Komik, Jude und Marek wollen nichts mehr miteinander zu tun haben, die Dienstboten sind seltsam, die Dorfbewohner verwirrt und zeitweise am Verhungern und Verdursten. Lapvona ist wahrlich kein Ort, an dem man verweilen möchte.

Zuweilen zerfließt der Roman, aber insgesamt beschert er uns Lektüre, die ziemlich einzigartig ist. Wer will, kann auch viel über den metaphorischen Gehalt des Buches nachdenken. Steht die Dürre stellvertretend für Covid? Ist Mareks vergebliches Buhlen um die Liebe seiner Mutter ein Plädoyer gegen die allgemeine Lieblosigkeit? Was auch immer gilt: Ich werde Moshfeghs nächsten Roman mit Sicherheit lesen.

pp. 304

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.08.2022
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/detail/lapvona.html
Kostenpflichtig
nein