Frankisstein

Autor WINTERSON, Jeanette

Verlag London: Jonathan Cape 2019

Wenn ich schon (noch) nicht mit „Machines Like Me“ aufwarten kann, so habe ich doch Wintersons neuen Roman gelesen und mich von dem Gefühl beschleichen lassen, dass hier jemand sehr Fleißiger (all das, was so zu AI gehört, gelesen) und Intelligenter einen Roman geschrieben hat,...

... der auf mehreren Ebenen funktioniert UND unterhaltsam ist.

Im Hintergrund haben wir immer Marys „Frankenstein“, aber auch das Leben der Shelleys (mit und ohne Byron), mit viel Zauber und Intimität. Gleichzeitig finden wir uns in der Gegenwart und damit bei der Geschichte des berühmten Professors Victor Stein, der daran arbeitet, Gehirne überleben zu lassen, und des transgender Doktors Ry Shelley, der mit Stein ein Liebesverhältnis pflegt (oder – die pflegen). Victor will die menschliche Dummheit beenden („the English - a serial racists“) und postuliert: „Race, gender, faith, sexuality, those things make me impatient.” Ry liefert ihm nicht nur den eigenen Körper, er liefert auch Körperteile; da streifen wir bei Cryonics an – in Phoenix warten genug Tiefgefrorene, um wieder zum Leben erweckt zu werden.

Einfacher macht es sich da Ron Lord (Byron heute?), der ‚sexbots‘ entwickelt. Er arbeitet für die frustierte Männerwelt, aber auch für die simplen Gemüter, die den einfacheren Weg wählen wollen. Und er lässt sich auch zu einer gottesfürchtigen Sexbot-Serie überreden.

Das bietet viele ernsthafte, aber auch witzige Ansätze. Wenn Ron von Ry will, dass er sich als Mann oder Frau deklariert, Ry sich als Hybrid behauptet, Ron aber die Genitalfrage stellt, so kontert Ry mit: „Is manhood dickhood?“ Gute Frage, oder?

AI, Transsexualität, Fortschritt, Intimität, Sexualisierungen, Historisches (nicht nur die Shelleys, auch Ada Lovelace [=Byrons Tochter], Alan Turing) vermischen sich vor Wintersons ewigen Grundthemen: Gender, Individualität, Sexualität, Sprache. Das passiert auf eine differenzierte, innovative Art und führte mich selbst aber zuallererst zu einem: Shelleys „Frankenstein“ wieder zu lesen. Große Empfehlung für beide Romane.

pp. 344

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Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
02.03.2020
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