Doch für Atwood mache ich gerne eine Ausnahme, noch dazu, wo dieser kollaborative Roman nicht wirklich ein Roman ist. Atwood und Preston haben 36 mehr oder weniger bekannte Autorinnen und Autoren versammelt, die Geschichten erzählen. Darunter sind nicht nur Atwood und Preston, der die Rahmenhandlung vorgibt, selbst, sondern etwa auch Emma Donoghue, Dave Eggers, Diana Gabaldon, Tess Gerritsen, John Grisham, Erica Jong, Celeste Ng, Tommy Orange, und Meg Wolitzer; selbst Goosebumps-Autor R.L. Stine hat einen Auftritt.

Die Bewohner/innen eines eher herabgekommenen Hauses in New York versammeln sich am Dach und beginnen, nach einigem Zögern, einander Geschichten zu erzählen. Das mag ans Dekameron (oder an Chaucer) erinnern, stimmt aber schon allein deswegen nicht, weil die Zusammensetzung eindeutig diverser ist, und auch die Autorinnen und Autoren selbst ganz unterschiedlichen Hintergrund haben. Das Buch wurde von der US Authors Guild Foundation in Auftrag gegeben und soll eine “ode to the power of storytelling and human connection” sein. Dass dabei die Geschichten von unterschiedlicher Qualität sind, ist klar, aber da wir während des Lesens nicht unbedingt wissen, von wem welche Geschichte stammt, lässt sich heiter raten. Um herauszufinden, wer was schreibt, muss man zu den Kurzbiografien am Ende des Bandes gehen. Und warum das Erzählen ausgerechnet 14 Tage umfasst, wird auch erst am Ende klar.

Meine Lieblingsbeiträge waren übrigens die von James Shapiro (über Shakespeare) und Ishmael Reed (Dekameron-Kritik).
Portioniert zu lesen und durchaus empfehlenswert.

pp. 363 (Gegenwartsliteratur)