Hätte ich das getan, hätte ich mich um ein Lesevergnügen gebracht. Kings Geschichten sind lakonisch, traurig (fast weltschmerzlich), unterhaltsam und erinnern mich ein bisschen an Raymond Carver, nicht zuletzt deshalb, weil der detailliert geschilderte Alltag plötzlich durch Unerwartetes unterbrochen wird. Da wird in „Creature“ die sexuelle Phantasie eines Mädchens plötzlich vom rüden Alltag eingeholt; ebenso rüde geht es auch in „Hotel Seattle“ zu. In „North Sea“ werden Kinder geschockt, in „Waiting for Charlie“ sitzt ein Mann am Bett seiner Enkelin, die im Koma liegt, und er jammert und hadert.

In allen Geschichten ist der Alltag letztendlich nie so, wie er sein könnte, aber die meiste Zeit führt uns King dennoch durch das Alltägliche – bis schließlich der Einbruch kommt. Der kann auch durchaus positiv sein, wie die Titelgeschichte zeigt, in der ein kauziger Buchhändler lange keine Worte für seine Liebe findet.

Insgesamt macht der Band also neugierig auf Lily Kings Schaffen – und das ist auch gut so.

pp. 231