Cinema Speculation

Autor TARANTINO, Quentin

Verlag London: Weidenfeld&Nicolson 2022

Vermutlich habe ich in meinem Leben etwa 5000+ Filme (im Kino!!!) gesehen, aber gegen Tarantino bin ich da natürlich ein Armutschkerl.

In seinem ersten Buch voller Filmkritiken in jedweder Form vermittelt er das Bild eines Binge-Watchers, der mit ‚double features‘ groß wird und sich dann auch noch zum ‚video junkie‘ mausert.

Tarantino (Jahrgang 1963) hat bereits als Siebenjähriger viele der Filme gesehen, die ich erst mit 15 oder 16 sehen konnte. Daher teilen wir eine gewisse Filmsozialisisation, vor allem auch wegen der Filme der 70er-Jahre, die in diesem Buch stark vertreten sind.

Er schreibt zum Beispiel ausführlich über Steve McQueens Filme, aber auch über „Taxi Driver“, „Rolling Thunder“, „Sisters“ etc. Peckinpah und Siegel, dePalma, Scorcese und Schrader sind wiederkehrende Regisseure, und Referenzpunkt ist in vielen Fällen John Fords „The Searchers“ (1956), in dem sich John Wayne als unerbittlicher Rassist erweist.

Mit diesen Schwerpunkten fällt es nicht leicht zu glauben, dass auch jugendliche Leser/innen mit dem Buch viel anfangen können, aber QT erzählt mit so viel Begeisterung (und ziemlich unsystematisch) über Filme, Kinoerlebnisse (wo hat er was gesehen) und Begleiter/innen bei seinem Filmkonsum (die Mutter vor allem; und ein gewisser Floyd, dem er ein ganzes Kapitel widmet). Er erzählt auch von Filmkritikerinnen und Filmkritikern (Pauline Kael oder Kevin Thomas, der auch ein ganzes Kapitel bekommt). Vor allem aber, und daher auch der Titel, erzählt QT, was gewesen sein hätte können. Jeff Bridges war im Gespräch für „Taxi Driver“. Steve McQueen wäre fast Sundance Kid geworden. Überhaupt: Steve McQueen war eine wahre Primadonna, wenn es um die Übernahme von Rollen ging. Oft genug entschieden Kleinigkeiten und Intrigen, aber auch Feigheiten, was aus einem Film (nicht) wurde. Die Zusammenfassung dieser Spekulationen bietet folgerichtig das kurze Kapitel „Cinema Speculation“, in dem QT fragt: „What If Brian De Palma Directed ‚Taxi Driver‘ Instead of Martin Scorcese!“

Für meine Generation ist das Buch also helles Vergnügen, weil es auch zahlreiche Grindhouse-Filme und B-Actors abseits der großen Filme (vor allem der 70er-Jahre) miteinbezieht. Der Nachteil: Als Überbleibsel der DVD-Generation musste ich meine Sammlung gleich vervollständigen. Und sofort „Dirty Harry“ nochmals anschauen. Mit QT-Wissen im Hinterkopf doppelt unterhaltsam.

pp. 391

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Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
02.01.2023
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/detail/cinema-speculation.html
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