Chrysalis

Autor METCALFE, Anne

Verlag London: Granta 2023

Nun gut, dachte ich nach dem Lesen des Klappentexts, kämpfe ich mich halt durch. Immerhin war Metcalfe in „Best of Young British Novelists“ (s. Archiv), das verdient schon die Lektüre.

Und dann war ich tatsächlich gefesselt und habe das Buch im Eiltempo gelesen, nicht zuletzt wegen der namenlosen und seltsamen Protagonistin, die sich allmählich entpuppt (Chrysalis).
Wir lernen die junge Frau durch drei Beobachtende kennen: Elliott, ein etwas verschrobener Mann, den sie im Fitness-Centre trifft und mit dem sie sogar eine kurze Beziehung hat. Bella, ihre Mutter, die ein unberechenbares Kind heranzieht. Susie, eine Arbeitskollegin, die ihr nach einer gewalttätigen Beziehung Unterschlupf gewährt.
Alle drei sind hingerissen von der Protagonistin, die sich von den Bezugspersonen holt, was sie braucht, ohne dabei viel zurückzugeben. Sie arbeitet daran, stärker und stärker zu werden, die Muskeln festigen sich, die Haut strahlt, sie wird zu einem anderen Wesen, das sich mehr und mehr isoliert. Als Bloggerin nach dieser Transformation belehrt sie ihre Followers: “Cut yourself off. Do you really need the people in your life, or do they need you?”
Das Bestechende aber ist, dass wir über die drei Beobachtenden fast mehr erfahren als über die Protagonistin. Alle drei führen ein unbefriedigendes Leben, Kleinigkeiten werden zu Problemen, sie sind empfindsam und empfindlich. Ihre Existenz spiegelt sich in den Handlungen der Protagonistin, sie hoffen – und sind zurückgelassen.
Metcalfe nennt Han Kang („The Vegetarian“, s. Archiv) als Vorbild, aber ihr Erstling liest sich als das Werk einer äußerst kompetenten Autorin, sprachlich und erzählerisch. Man darf auch auf ihr nächstes Buch neugierig sein.

Gegenwartsliteratur, pp. 288

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
31.07.2023
Link
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