Being Dead
Jim Crace hat mit "Quarantine" einen großartigen Roman geschrieben, von dem ich angenommen hätte, dass er schwer zu übertreffen sein werde; aber Craces neues Buch beweist, dass hier ein Meister der Sprache und des Erzählens am Werk ist.
"Being Dead" handelt weniger vom Tod als vom Zustand des T ...
Jim Crace hat mit "Quarantine" einen großartigen Roman geschrieben, von dem ich angenommen hätte, dass er schwer zu übertreffen sein werde; aber Craces neues Buch beweist, dass hier ein Meister der Sprache und des Erzählens am Werk ist.
"Being Dead" handelt weniger vom Tod als vom Zustand des Tot-Seins. In Baritone Bay (es wirkt so unenglisch, muss aber dort wo sein) wird ein Zoologenehepaar ermordet – schnell, effizient, nur um ihrer paar Habseligkeiten willen. Sie waren an einem schönen Tag aufgebrochen jenen Ort zu erkunden, wo sie sich zum ersten Mal (vor etwa 30 Jahren) geliebt hatten. Sechs Tage liegen ihre Leichen dort, bevor die Polizei, aufgescheucht von einer den Eltern fremden Tochter, sie findet. Fast wären sie eins geworden mit der Bucht, fast hätten ihre Reste sich mit den vielen nunmehr-toten 'Dingen' verschmolzen.
Dennoch schreibt Crace: "The bodies were discovered straight away." Mit ungeheurer Sachkenntnis und so minutiös wie selten wer beschreibt er dann die Käfer, Krabben, Vögel, die von den beiden Leichen fressen, beschreibt er den Verfall und die Verwesung. So genau hat er nur vorher die Mordtat beschrieben – aber all das ohne einen Funken (Mit)Gefühl, ohne Wertung, ohne Zwischentöne. Hier wird leidenschaftslos das Ende zweier Menschen dargestellt, deren Tod letztendlich vor allem eines hinterlässt: einen Flecken weißlich gewordenen Grases, das ihre Leichen niederdrückte. Im Gang der Dinge, heißt das, sind wir ziemlich bedeutungslos – auch wenn die Rückblicke uns immerhin ein angesehenes, aber durchschnittliches Ehepaar mit einer rebellischen Tochter zeigen, gefangen in ihrer akademischen Welt.
Da bedarf es keiner erhobenen Zeigefinger, um das Vanitas-Thema sehr nah und unmittelbar zu spüren; mitten im Leben sind wir vom Tode umgeben – und Crace zeigt es ohne große Gesten, ohne Düsterkeit, ohne jegliche Größe. Da weht uns nichts an, da erschauern wir nicht (außer bei manchen Beschreibungen), da nähren wir uns einfach und sind Nahrung. Finis!