An Obedient Father

Was immer für Kontroversen (die indische Lesergemeinde hat es offensichtlich weitgehend abgelehnt) dieses Buch begleiten, eines steht fest: Es ist, Talent oder exploitation, ein unerfreulicher Roman, was sein sujet betrifft.
Ram Karan ist ein korrupter, fetter, jämmerlicher Beamter in Delhi, de ...

Was immer für Kontroversen (die indische Lesergemeinde hat es offensichtlich weitgehend abgelehnt) dieses Buch begleiten, eines steht fest: Es ist, Talent oder exploitation, ein unerfreulicher Roman, was sein sujet betrifft.

Ram Karan ist ein korrupter, fetter, jämmerlicher Beamter in Delhi, dessen Schicksal eng mit den politischen Begleitumständen (wir halten bei der Ermordung Rajiv Ghandis) verknüpft ist, denn er arbeitet mehr oder weniger als Gelderpresser für politisch Machthungrige.

Noch schlimmer aber ist sein privates Leben; Frau und Schwiegersohn sind verstorben, und Karan lebt mit seiner Tochter Anita und seiner Enkelin Asha zusammen. Eines Tages berührt er, in betrunkenem Zustand, Asha mit seinem Penis. Dies ist der Anlass für das Wachwerden der Erinnerung an die zwölfjährige Anita, die Ram Karan regelmäßig missbraucht hat. Auch über Anita stürzen die grausamen Erinnerungen herein, und sie beginnt ziemlich pathetische Rache an ihrem Vater zu üben.

Sharma hat seine Geschichte in vielerlei Rückblenden und mit einigen Perspektivenwechseln erzählt, handwerklich also recht ordentlich. Was aber das Buch ziemlich beklemmend macht, ist der Standpunkt Karans. Karan erscheint weder besonders böse noch besonders verzerrt, sondern als berechnendes 'Opfer' seiner Lust, was mitunter den Blick zu sehr vom eigentlichen Opfer nimmt, sodass wir durch Sharmas Erzähltechnik in einer Figur gefangen werden, in der wir nicht unbedingt gefangen sein wollen. Karans Blick auf seine Tochter ist so wenig zurechtgerückt, begrenzt, relativiert, dass die Lektüre bisweilen die Schmerzgrenze erreicht; es fehlen einfach die Guten oder zumindest jene, die versuchen, die Welt wieder in ihre Fugen zu bringen. Wer sich dem aussetzen will, wer sich für indische Gegenwartsliteratur ohne Mystik und Exotik interessiert, der kann das mit diesem bizarren (obedient als groteske Verrenkung) Buch tun.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/detail/an-obedient-father.html
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