Natürlich kennen wir diesen GMB aus anderen Romanen von Marcrae Burnet, etwa aus dem großartigen „His Bloody Project“ (s. Archiv). Und obwohl wir auch mit dem Autor vertraut sind, googeln wir Braithwaite, denn so authentisch liest sich seine Geschichte, dass wir dem Autor leicht auf den Leim gehen würden, wären wir nicht mit seiner Technik, Wohlrecherchiertes mit eleganter Fiktion zu verbinden, vertraut.

Der Fall aus den Notizbüchern rankt sich um eine junge Frau, die 1965 Braithwaite aufsucht, weil sie glaubt, dass er am Selbstmord ihrer erfolgreichen Schwester Veronica schuld ist. Unter dem Namen Rebecca Smyth macht sich die eigenbrötlerische, idiosynkratische und namenlose Erzählerin unter ihrem Pseudonym daran, das Rätsel um den Tod ihrer Schwester zu lösen. Dabei wird ihre Wahrnehmung von Braithwaite immer wieder auf den Prüfstand gestellt, und allmählich beginnen auch die Grenzen zwischen Erzählerin und Pseudonym zu verschwimmen. So nebenbei liefert Macrae Burnet ein Bild der 60er-Jahre, vor allem des Lebens als Frau in dieser Epoche.

Unterbrochen wird der Notizbuchstrang durch fünf biographische Kapitel zu Braithwaite, eines unberechenbaren, aber durchaus charmanten Egomanen, der sich nicht anerkannt genug fühlt, gegen Laing wettert, durch Dirk Bogarde Zugang zur Schickeria und einem einigermaßen erfolgreichen Berufsleben erhält. Braithwaite schreibt ein paar weitgehend unverständliche Bücher, wird dadurch aber nichtsdestotrotz für eine Zeitlang zur Kultfigur.

All das ist so geschickt verquickt, dass man eben – wie gesagt – nicht weiß, wo die Fiktion endet und der Tatsachenbericht beginnt. Entlassen werden wir mit neuen Zweifeln.

Gönnen Sie sich interessante Lektüre mit „Case Study“ und freuen Sie sich, dass Sie auch noch „His Bloody Project“ lesen dürfen, sofern Sie das nicht schon längst getan haben.

pp. 278